Die Schweizer Textil- und Kleiderindustrie leidet seit Jahren. Der starke Franken drückt nun zusätzlich auf die Margen. Die Auslastung und die Exporte waren auch im vergangenen Jahr stark rückläufig. Insgesamt wurden 10,9 Prozent weniger Textilien exportiert.
Dies gab der Branchenverband Swiss Textiles an seiner Jahresmedienkonferenz vom Dienstag bekannt. Er vertritt 200 Unternehmen mit 13’400 Mitarbeitenden in der Schweiz und deren rund 50’000 Angestellte im Ausland. Total wurden Fasern, Garne, Stoffe, Heimtextilien und Bekleidung im Wert von 1,1 Milliarden Franken exportiert.
«Die Lage in der Textil- und Bekleidungsindustrie hat sich verschlechtert und noch nicht erholt», sagte Swiss-Textiles-Direktor Peter Flückiger gemäss Redetext. Zwar seien die Auftragsbücher im Jahr 2015 gut gefüllt gewesen. Durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses seien die Firmen jedoch unter starken Preisdruck gekommen. Schweizer Produkte seien verglichen mit der ausländischen Konkurrenz teurer geworden.
Geringste Auslastung seit Jahren
Die Zahlen zeigen: Besonders die Kaufbereitschaft der beiden grössten Abnehmer von Schweizer Textilien – Deutschland und Italien – ist mit minus 13,4 Prozent beziehungsweise minus 15,4 Prozent markant eingebrochen. Der einzig positive Absatzmarkt war die USA.
Bei der Bekleidung wurden Waren im Wert von 727 Millionen Franken exportiert, was einem Minus von 8,9 Prozent entspricht. Die Zahlen im Geschäftsbericht mit einem Plus von 0,4 Prozent geben ein verzerrtes Bild wieder. Bei gut 40 Prozent der statistisch erhobenen Exporte handelt es sich um Warenrücksendungen aus der Schweiz an europäische Bekleidungsversandhändler wie Zalando.
Eine Trendwende ist kurzfristig nicht in Sicht, wie Flückiger vor den Medien sagte. Die Kapazitätsauslastung sei in den vergangenen Monaten um zehn Prozent eingebrochen und liege mit 70 Prozent auf dem tiefsten Stand seit Jahren. Anfang 2016 schätzte jedes dritte Schweizer Textil- und Bekleidungsunternehmen sein Geschäftslage als schlecht ein.
Kurzarbeit und Entlassungen als Folge
Dies dürfte damit zusammenhängen, dass auch die Verarbeitung und Weiterverarbeitung von Roh- und Zwischenmaterialien rückläufig sind. Die Textilimporte sanken im Jahr 2015 um 12,3 Prozent auf 1,6 Milliarden Franken. Dieser Rückgang lässt sich durch die stärkere Kaufkraft erklären. Dies bedeutet, dass Roh- und Zwischenmaterialien günstiger beschafft werden konnten.
Mengenmässig haben die Textilimporte mit 2,2 Prozent nur leicht abgenommen. Die Bekleidungsimporte fallen mit einem Minus von 4,3 Prozent wertmässig auf 5,4 Milliarden Franken zurück.
Um trotz Währungsschock konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Unternehmen laut Swiss Textiles massiv Kosten sparen. Der Grossteil der Mitgliedsfirmen hat Massnahmen wie Effizienzsteigerung in der Produktion, Senkung des Energieverbrauchs oder Preisverhandlungen mit den Lieferanten eingeleitet. Trotzdem mussten zehn Prozent der Unternehmen Kurzarbeit anmelden, Personal abbauen oder gar Betriebsteile ins Ausland verlagern.
Weg mit den teuren Zöllen
Um diesem Trend entgegenzuwirken, fordert die Branche nun eine drastische Massnahme von politischer Seite: den Abbau sämtlicher Zölle auf Textilien. «Zollabgaben und -formalitäten verteuern die Produkte unnötig und verschlechtern die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft», sagte Swiss-Textiles-Präsident Andreas Sallmann.
Mit einem kompletten Zollabbau würde die Branche von direkten Kosten in Höhe von 10 Millionen Franken jährlich entlastet. Dazu käme eine um ein Vielfaches höhere Entlastung durch administrative Vereinfachungen.
Der Bundesrat hatte im Dezember einen ersten Antrag bewilligt. Das bedeutet eine Ersparnis von 3 Millionen Franken im Jahr. Gut 10 Millionen Franken Zollabgaben fallen aber weiterhin an. Eine kürzlich publizierte Studie der HTW Chur im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) schätzt, dass die Wohlfahrtswirkung durch Abbau der Zollformalitäten um den Faktor 250 grösser ist als durch die reinen Zollabgaben.