Italien kommt nicht zur Ruhe: Wieder bebt die Erde, diesmal ist es eines der stärksten Beben in dem Land seit Jahrzehnten. «Ich sehe eine Rauchsäule, es ist ein Desaster, ein Desaster», sagt der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde.
Das Erdbeben in der Region südöstlich von Perugia richtete schwere Schäden an. Einige Dutzend Menschen wurden verletzt, unter ihnen sei auch ein Mensch mit schwereren Verletzungen, sagte Zivilschutz-Chef Fabrizio Curcio in einer ersten Bilanz. Die Verletzten würden mit Helikoptern in Sicherheit gebracht. Mehrere Menschen wurden lebend aus Trümmern geborgen.
«Es war ein sehr starker Erdstoss», sagte der Cesare Spuri vom Zivilschutz in den Marken. Der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Ussita, Marco Rinaldi, sagte der Nachrichtenagentur ANSA: «Es ist alles eingestürzt.»
In dem Ort hatten bereits die Beben von vergangenem Mittwoch starke Schäden angerichtet. «Ich sehe eine Rauchsäule, es ist ein Desaster, ein Desaster! Ich habe im Auto geschlafen und die Hölle gesehen.»
Grosse Schäden
Das Zentrum lag bei dem Städtchen Norcia. «Es ist, als wäre es zu einem Bombenangriff gekommen», berichteten die Behörden. Neun Verletzte wurden in Norcia gemeldet.
Die im 14. Jahrhundert errichtete Basilika des Heiligen Benedikt stürzte ein. Die Mönche, die die Basilika betreuen, seien wohlauf, berichteten italienische Medien. Auch die Kathedrale von Santa Maria Argentea stürzte ein. Lediglich Teile der Fassaden blieben erhalten.
Das Spital der umbrischen Stadt Cascia musste evakuiert werden. Die Diözese von Rieti, zu der auch Amatrice gehört, schloss aus Sicherheitsgründen alle Kirchen.
Unzählige Gebäude, die bereits bei den Erdbeben am Mittwochabend schwer beschädigt worden waren, stürzten ein. Aleandro Petrucci, Bürgermeister der Ortschaft Arquata, die bereits am 24. August von einem schweren Erdbeben betroffen war, sagte, dass das ganze Dorf zerstört sei. «Arquata gibt es nicht mehr», klagte Petrucci.
In Amatrice, wo die meisten der 298 Todesopfer des Erdbebens vom 24. August beklagt worden waren, kam es zu weiteren Schäden. So stürzte der Turm der Kirche des Heiligen Augustin ein, der beim ersten Erdbeben im August trotz schwerer Schäden noch erhalten geblieben war. Der Turm war zum Symbol des zerstörten Amatrice geworden.
In 10 Kilometern Tiefe
Die Erdstösse am Sonntagmorgen hatten eine Stärke von 6,5, wie das italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie ermittelte. Das Seismologische Zentrum Europa-Mittelmeer sprach von einer Stärke von 6,6. Das Beben ereignete sich gegen 7.40 Uhr, laut den Experten in etwa 10 Kilometern Tiefe.
Bei Betroffenen löste es Panik aus. In der Region Marken liefen Menschen erschreckt auf die Strasse. Das Beben war deutlich und lange in der Provinz Umbrien und in Städten wie Florenz und Ancona – vor allem in oberen Stockwerken – zu spüren gewesen. Telefonleitungen in dem betroffenen Gebiet waren unterbrochen.
In Rom wurde vorübergehend die zwei zentralen Metrolinien A und B gestoppt. Es gebe technische Überprüfungen nach dem Beben, war auf der Internetseite der Verkehrsgesellschaft Atac zu lesen. Den Angaben zufolge gab es auch Verzögerungen im Zugverkehr.
Zahlreiche Beben seit August
Erst am Mittwochabend hatten zwei starke Erdstösse die Region erschüttert, die bereits vor zwei Monaten von dem verheerenden Beben heimgesucht worden war. Ein Mann starb, allerdings an den Folgen eines Herzinfarktes. Es gab mehrere Verletzte, Tausende sind obdachlos. Seither hatte es immer wieder leichte und schwere Nachbeben gegeben.
Das mittlere Italien ist eine derjenigen Regionen in Europa, die besonders häufig von schweren Erdstössen heimgesucht werden. Immer wieder trifft es die bergige Gegend in den Abruzzen. Grund für die Beben sind riesige Spannungen, die sich im Untergrund aufbauen.
Denn der «Adriatische Sporn» – ein Anhängsel der afrikanischen Erdplatte – reibt sich hier an der eurasische Platte. Auch deshalb haben sich Italiens Mittelgebirge aufgefaltet.