Er hat die Weltformel gesucht. Geschrieben hat er «Eine kurze Geschichte der Zeit» – und eine eigene Liebesgeschichte. Das ungewöhnliche Beziehungsleben des britischen Wissenschaftlers Stephen E. Hawking läuft jetzt als Biopic im Kino.
Eine Formel, die die Welt erklärt, den Kosmos. Die will Stephen E. Hawking finden. Dieses Genie der Physik, das sich auf die Suche nach der Formel macht, putzt zwar selten seine Brille, sieht aber dennoch klarer als die meisten. Seine Beweisführungen sind unwiderlegbar. Er definiert den Anfang der Welt und ihrer Zeit – durch den Urknall.
Mit Worten ist das Genie der Love-Story unbeholfen, karg und treffsicher. Die Love Story ist denn auch das eigentliche Thema des Films, in dem eine ganz junge britische Schauspielergilde zum Zug kommt: Eddie Redmayne («My Week with Marilyn»), Felicity Jones («Amazing Spiderman») und Tom Prior erzählen mit leichter Hand eine scheinbar kurze Geschichte der Zeit.
Unheilbar krank: Wie aus zwei Jahren Jahrzehnte wurden
Als Stephen um die Hand seiner Geliebten anhält, weiss der Wissenschaftler noch nicht, dass das Schicksal an ihm eine ganz andere Zeit-Formel ausprobieren will: Auf dem Hof der Universität bricht er zusammen. Diagnose: Muskelschwund. Die Zeit, die ihm auf dieser Welt bleibt: Zwei Jahre. So wenig geben ihm die Ärzte. So lange, verspricht er seiner Geliebten, werde ihre Ehe dauern – und heiratet sie.
Doch es folgt eine überraschende Ausdehnung der Zeit. Aus zwei Jahren werden mehr. Hawking ahnt, dass seine Krankheit eine Last sein wird – ohne zu wissen, dass ihm noch ein paar Jahrzehnte Ehe geschenkt wären.
Ein Loblied auf die Kraft der Vernunft
Regisseur James Marsh interessiert sich also für eine ganz ungewöhnliche Formel aus dem Leben des Physikers: Während Stephen Hawking der Physik eine Weltformel gibt (und sie widerlegt) liefert er auch in seinem eigenen Leben einen Gegenbeweis. In seiner höchst persönlichen «Theory of Everything» und seiner höchst privaten Liebesformel liefert er eine romantische und pragmatische Variante der «Love Story». Er stirbt einfach nicht wie vorhergesagt.
«A Theory of everything» ist eine Lovestory. Es ist aber auch ein Loblied auf die Kraft der Vernunft: Die Menschen, die sich hier begegnen, pflegen das Denken, als kenne es keine Distanz zum Fühlen – auch nicht in der Liebe. Der Todgeweihte, der eben noch in Cambridge die These zur Weltzeit formuliert hat, macht sich seine weltliche Zeit auf seine Art zu eigen.
Eine solche Geschichte kann nicht erzählt werden ohne in die Nähe von Kitsch zu geraten. Aber mit der Eleganz, mit der Stephen Hawking sich der Theorie der schwarzen Löcher nähert, nähert sich der Film auch der Gefühlswelt des Physikers: Er selbst hat die Grundlage für den Witz, den Charme für die unbestechliche Analyse geliefert.
Er heuert erst eine Haushaltshilfe an, dann findet er auch für die Frau einen Partner. Als wäre das Leben selbst von physikalischen Gesetzmässigkeiten bestimmt, überwindet das Paar auf seine Art den Ereignishorizont der erlöschenden Liebessterne.
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«Die Entdeckung der Unendlichkeit» läuft in den Pathé-Kinos