Stimmvolk kann wohl über «faire Verkehrsfinanzierung» abstimmen

Aus der Sicht der Strassenverkehrsverbände sind die Autofahrer heute die «Milchkühe der Nation». Mit einer Volksinitiative, die sie am Montag eingereicht haben, wollen sie das Verursacherprinzip im Verkehr stärken.

Unterschriften des Kantons Bern für die "Milchkuh-Initiative" (Bild: sda)

Aus der Sicht der Strassenverkehrsverbände sind die Autofahrer heute die «Milchkühe der Nation». Mit einer Volksinitiative, die sie am Montag eingereicht haben, wollen sie das Verursacherprinzip im Verkehr stärken.

Entgegen der Behauptung der Gegner sei die Initiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» kein Angriff auf den öffentlichen Verkehr, sagte der Präsident von auto-schweiz, Max Nötzli, am Montag vor den Medien in Bern. Es gehe vielmehr um die «konsequente Einhaltung des Verursacherprinzips».

Konkret sollen in Zukunft die gesamten Erträge aus der Mineralölsteuer in den Bau und den Betrieb von Nationalstrassen sowie in Infrastrukturmassnahmen fliessen.

Die Nationalräte Gerhard Pfister (CVP/ZG) und Jean-François Rime (SVP/FR) unterstrichen die volkswirtschaftliche Bedeutung der Strasse. Diese sei zudem unbestritten der wichtigste Verkehrsträger, sagte Pfister – «ob uns das passt oder nicht».

Das parteiübergreifende Initiativkomitee, dem neben Verbandsvertretern Nationalrätinnen und Nationalräte von SVP, CVP und FDP angehören, reichte das Volksbegehren am Montag bei der Bundeskanzlei zur Prüfung ein – ein halbes Jahr vor Ende der Sammelfrist. Gemäss eigenen Angaben haben die Initianten bereits rund 114’300 Unterschriften gesammelt.

1,5 Milliarden weniger in der Bundeskasse

Heute fliessen die Erträge aus der Mineralölsteuer je zur Hälfte in den Strassenverkehr und in die allgemeine Bundeskasse. Im Jahr 2012 beliefen sich die Gesamteinnahmen aus der Steuer auf rund 3 Milliarden Franken.

Würde die Initiative angenommen, würden in der Bundeskasse also rund 1,5 Milliarden Franken fehlen. Es sei nicht an den Initianten aufzuzeigen, wie dieses Loch gestopft werden könnte, sagte der Präsident von auto-schweiz, Max Nötzli.

Neben der Neuverteilung der Gelder wollen die Initianten in der Verfassung festschreiben, dass die Erhöhung oder die Einführung von Steuern, Abgaben oder Gebühren im Bereich des Strassenverkehrs künftig dem fakultativen Referendum untersteht.

Neuer Strassenfonds eine «Schlaumeierei»

Durch den geforderten Systemwechsel bei der Verkehrsfinanzierung würde sich in den Augen der «Milchkuh»-Initianten auch eine Erhöhung der Benzinsteuer erübrigen. Eine solche plant der Bundesrat, um den kürzlich vorgestellten Fonds für den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehr (NAF) finanzieren zu können.

Die Autoverbände begrüssen den Fonds, wollen aber nichts wissen von einem höheren Benzinpreis. «Eine Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags, wie sie der Bundesrat vorschlägt, kommt überhaupt nicht in Frage», sagte Nötzli.

Der neue Fonds sei die nächste «Schlaumeierei» des Bundesrats, sagte der Zentralpräsident des Nutzfahrzeugverbandes ASTAG und SVP-Nationalrat Adrian Amstutz. Denn unter der Etikette «Strassenfonds» sollen gemäss Amstutz auch Tram- und S-Bahn-Projekte sowie Bahnhofausbauten und Velowege finanziert werden.

Aus der Sicht von Amstutz muss der Bundesrat den angekündigten Strassenfonds nun rasch konkretisieren und dann zusammen mit der «Milchkuh-Initiative» dem Parlament unterbreiten. Für Nötzli wäre es denkbar, dass der geplante Strassenfonds dem Volk als Gegenvorschlag zur eigenen Initiative unterbreitet wird.

Zweite Initiative

Im Sammelstadium befindet sich derzeit mit der Volksinitiative «Strassengelder gehören der Strasse» ein Volksbegehren, das ein ähnliches Ziel verfolgt wie die «Milchkuh-Initiative».

Die Initianten rund um die auto-partei wollen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer ebenfalls vollumfänglich der Strasse zukommen lassen. Sie wollen zudem eine Obergrenze für die Überschüsse aus den Strassensteuern festlegen, damit diese Gelder «nicht einfach angehäuft werden».

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