Eine unüberlegte Geste kann auf dem diplomatischen Parkett für viel Ärger sorgen. Diese Erfahrung musste der junge Mann machen, der bei einem Selfie mit François Hollande während dessen Staatsbesuch in Bern den ausgestreckten Mittelfinger in die Kamera hielt.
Denn während sich der junge Mann auf dem Bild offensichtlich freut, fand seine Arbeitgeberin an dem Foto weniger Gefallen. Der junge Mann arbeitet nämlich bei der Stadt Bern. Dies machte die Ostschweiz am Sonntag publik. Der Informationsdienst der Stadt Bern bestätigte die Nachricht.
Als Verwaltungsangestellter ist der junge Mann gemäss Personalreglement eigentlich verpflichtet «das Ansehen oder die Vertrauenswürdigkeit» der Stadt Bern zu wahren. Das Stinkefinger-Selfie entsprach diesen Vorgaben offensichtlich nicht.
Der Mann erhielt daher eine Rüge. Ausserdem habe er einen Entschuldigungsbrief an den französischen Präsidenten geschickt, teilte der Infodienst der Stadt Bern mit. In dem Brief bedauere er die Geste und betone, dass er weder provozieren noch eine politische Aussage habe machen wollen.
Brief an Hollande
Doch damit war es nicht getan: Die Stadtverwaltung nahm nach dem Vorfall umgehend Kontakt mit dem Aussendepartement (EDA) auf, um die Sachlage zu erörtern. Zusätzlich zum Entschuldigungsbrief des jungen Mannes verfasste der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät (SP) einen persönlichen Brief an den französischen Botschafter. Darin teilte er sein tiefes Bedauern über den Vorfall mit.
Zu nachhaltigen diplomatischen Verwerfungen zwischen der Schweiz und Frankreich kommt es wegen des Vorfalls aber nicht: Die französische Botschaft habe geantwortet, dass sie die Entschuldigung zur Kenntnis genommen habe, teilte der Informationsdienst der Stadt Bern mit.
Der Angestellte der Stadt Bern dürfte sich mit solchen Gesten künftig zurückhalten: Er habe sofort realisiert, dass diese unangebracht war und er einen Fehler gemacht habe, schreibt der Infodienst. Das Selfie habe er umgehend gelöscht. Dass er von einem Keystone-Fotografen abgelichtet wurde, habe er aber erst erfahren, als das Bild in den Medien erschien. Er habe sich danach sofort bei seinen Vorgesetzten gemeldet und entschuldigt.