Stolpersteine auf dem Münchner Betriebsausflug

Wenn Sie sich schon immer mal dafür interessiert haben, wie in der deutschen Medienlandschaft so eine Champions-League-Auslosung abgefeiert wird, dann werfen Sie mal einen Blick auf die Pretiosen, die die TagesWoche am Freitag aus dem Internet gefischt hat. Wenn Bundesligisten im Europacup gegen ein Schweizer Team ausgelost werden, weiss man an deutschen Redaktionsschreibtischen nie so […]

Wenn Sie sich schon immer mal dafür interessiert haben, wie in der deutschen Medienlandschaft so eine Champions-League-Auslosung abgefeiert wird, dann werfen Sie mal einen Blick auf die Pretiosen, die die TagesWoche am Freitag aus dem Internet gefischt hat.

Wenn Bundesligisten im Europacup gegen ein Schweizer Team ausgelost werden, weiss man an deutschen Redaktionsschreibtischen nie so genau, ob man sich vor Lachen kugeln soll oder wenigstens anstandshalber noch ein Mindestmass an Respekt formulieren soll. Der Streifzug durchs Netz am Freitagnachmittag, nachdem der FC Basel dem FC Bayern München in den Achtelfinals der Champions League zugelost worden ist, zeigt: da hat man sich mehrheitlich auf die Schenkel geklopft.

Die Grundhaltung nördlich von Basel, zusammengefasst von der «Bild-Zeitung»: «Der FC Basel sollte für die Elf von Jupp Heynckes nur ein weiterer Schritt sein hin zum Endspiel im eigenen Wohnzimmer.» Bild wäre nicht Bild, würde sie ihre Nutzer nicht mit einem sachten Hinweis auf den Basler Coup gegen Manchester United bei der Stange halten: «Auf die leichte Schulter darf man den Schweizer Meister nicht nehmen.» Aber wer in der wundervollen Welt des Fussballs an weitere Segnungen von ganz oben glaubt, bekommt dies zu lesen: «Ein Wunder wäre es, würden die Bayern die nächste Runde nicht erreichen.» Mit Betonung auf NICHT.

«Basel oder Barcelona – Hauptsache Viertelfinale»

In diesem Ton geht es dann weiter. «Ein wenig Vorsicht», so der «Tagesspiegel» aus Berlin, sollte in München zwar geboten sein, das Fazit lautet jedoch: «Ein Finale im eigenen Stadion am 19. Mai 2012 rückt für die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes also etwas näher.» Meist auf Agenturmaterial (DPA, Sportinformationsdienst) gestützt kommentieren die grossen Portale. «Basel oder Barcelona – Hauptsache Viertelfinale» heisst es bei der «Frankfurter Allgemeinen», «unbequem, aber schlagbar» bei «Stern.de» über den Schweizer Meister.

Die Hamburger haben auch noch einen «Scherz» auf Lager, geäussert von Paul Breitner. Der ist als Angestellter des FC Bayern eine verdächtig parteiische «Glücksfee» (Stern) in Nyon gewesen, und man kann nur hoffen, dass die live übertragene Auslosung keinerlei Spielraum für die im Fussball mittlerweile weit verbreiteten Manipulationen liess. «Jetzt muss ich wenigstens nicht zur Strafe nach Sibirien», soll Breitner also gesagt haben. Selten so gelacht.

Um beim Glück zu bleiben: «Spiegel online» meldet eingedenk des «Hammerloses» Barcelona für Leverkusen: «Deutlich mehr Glück hatte Bayern München, das gegen das Überraschungsteam des FC Basel gelost wurde.» Auf diese Schiene begibt sich auch «Zeit online»: «Zum deutschen Rekordmeister ist das Losglück zurückgekehrt. Der Weg für den FC Bayern zum Traumfinale am 19. Mai 2012 im eigenen Stadion könnte nun aber zumindest bis ins Viertelfinale leichter als gedacht werden.»

Leichte Anflüge von Euphorie

Bei «11Freunde», vom Fanzine eigentlich zum Diskursblatt mutiert, wird dann endlich Tacheles geschrieben: «Betriebsausflug für die Bayern.» Die Berliner machen im tiefen Süden «einen leichten Anflug von Euphorie», ManU hin oder her: «Für die Bayern ist Basel ein äusserst gutes Los: Kurze Anreise, hohe Siegchancen, ein Stolperstein auf dem Weg ins Finale sieht jedenfalls anders aus.»

Da muss es dem Fachblatt «Kicker» vorbehalten bleiben, warnend den Finger zu heben und an 2010 zu erinnern: «Damals, in der Gruppenphase, gewann der FC Bayern beide Duelle gegen Basel (2:1 und 3:0). Doch seitdem hat sich bei den Schweizern einiges getan. Der eklatanteste Unterschied: Erstmals stehen Alex Frei, Marco Streller & Co. in der K.o.-Phase der Königsklasse – weil sie Vorjahresfinalist Manchester United in ihrer Gruppe im letzten Moment ebenso sensationell wie verdient hinter sich liessen (2:1). Die Bayern sollten also gewarnt sein, denn wenn man das 3:3 im Old Trafford dazu nimmt, wird klar: Ein positiver Ausrutscher war der ManUnited-Coup beileibe nicht.»

Wenigstens einer findet die Bayern langweilig

Richtig gebüffelt wurde in der Redaktionsstube der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Österreich, also dort, wo man die Champions League nur vom Hörensagen kennt. In Wien freute man sich erst über ein «interessantes Österreicher-Duell: Aleksandar Dragovic trifft mit dem FC Basel auf David Alaba und Bayern München», dann griff man sofort zum Telefon und fand heraus, dass Dragovic und Alaba noch schneller waren: «Alaba und Dragovic telefonierten unmittelbar nach der Auslosung miteinander und entwarfen dabei schon Szenarien, wie die beiden Partien verlaufen könnten», wird auf «ORF.at» berichtet. 

Aleksandar Dragovic hat in seiner schon berüchtigten Aleksandar-Dragovic-Diktion folgendes erzählt: „Wir haben gesagt, wir werden uns umbringen, bis wir die Rote Karte sehen.» Das ist, Achtung: ein Scherz des 20-jährigen Verteidigers im Sold des FC Basel gewesen. Ansonsten ist Dragovic gut befreundet mit Alaba, was sich unschwer belegen lässt, wenn man die beiden auf dem APA-Foto (siehe Screenshot von orf.at) während einer Nationalmannschaftsreise selig nebeneinander schlummern sieht.

Nun freut sich Dragovic auf das Duell mit Alaba, wenn der denn spielt, «aber ansonsten bin ich nicht so glücklich, weil Basel in der letzten Saison in der Gruppenphase gegen die Bayern gespielt hat». Deshalb seien die Bayern, so Dragovic, «jetzt für den Verein ein bisschen ein langweiliges Los».

Damit das dann auch mal gesagt ist.

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