Ein Warnstreik der Lokführer hat am Samstagmorgen den Zugverkehr in weiten Teilen Deutschlands lahmgelegt. Auf vielen Strecken ging nichts mehr. Auch die Verbindungen mit der Schweiz waren betroffen. Und das könnte erst der Anfang gewesen sein.
Die deutschen Lokführer legten am Samstag zwischen 6 und 9 Uhr morgens ihre Arbeit nieder. Als Folge davon fielen rund 1000 Züge aus oder hatten grosse Verspätung. Das teilte ein Bahnsprecher in einer ersten Bilanz mit.
Betroffen waren nach Angaben des Sprechers der Regional-, Fern- und Güterverkehr sowie die S-Bahnen. Insgesamt sei der Zugverkehr «stark beeinträchtigt» gewesen, aber «nicht zum Stillstand gekommen», fügte er hinzu. Ein Gewerkschaftssprecher sagte hingegen, es seien «90 bis 95 Prozent Stillstand» erreicht worden. Mit Verspätungen wurde noch den ganzen Tag gerechnet.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte zu der dreistündigen Arbeitsniederlegung im laufenden Tarifkonflikt mit der Bahn aufgerufen. Es war die zweite Aktion dieser Art innert einer Woche.
Drohung mit unbefristeten Streiks
Mit den Streiks will die Gewerkschaft ein besseres Tarifangebot von der Bahn erzwingen. Die Gewerkschaft verlangt fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Sie erhebt ihre Forderungen auch für Zugbegleiter und andere Beschäftigte in den Zügen.
Sollte die Deutsche Bahn kein neues Tarifangebot vorlegen, will die GDL «in den nächsten Tagen» eine Urabstimmung für unbefristete Streiks einleiten, sagte der GDL-Sprecher. Für eine Zustimmung sind 75 Prozent Ja-Stimmen erforderlich. «Wenn die Bahn nicht mit uns verhandelt, haben wir kein anderes Mittel», sagte Weselsky im Westdeutschen Rundfunk.
Weitreichende Folgen
Der Warnstreik vom Samstagmorgen hatte weitreichende Folgen. Die Schwerpunkte des Streiks lagen gemäss Bahn-Angaben im Norden Deutschlands, in Berlin, in der Region Leipzig sowie punktuell in Nordrhein-Westfalen und Bayern.
Am Münchner wie auch am Hamburger Hauptbahnhof bildeten sich Schlangen an den Schaltern, vor allem Ferienreisende waren hier betroffen. Bahn-Mitarbeiter verteilten Kaffee und Verspätungsformulare an die Wartenden.
Die Bahn setzte in den Zügen und auf den Bahnhöfen mehrere Hundert Mitarbeiter zur Verstärkung ein – vor allem beim Service-Personal, den Betriebszentralen und Transportleitungen sowie bei der Reisenden-Information. Bereits am vergangenen Montag hatte ein Warnstreik die Fahrpläne durcheinandergewirbelt.
Schweiz-Verbindungen stark betroffen
Die Streikaktion vom Samstagmorgen hatte auch massive Auswirkungen auf den Bahnverkehr zwischen der Schweiz und Deutschland. Von der Schweiz aus hätten am Morgen rund 20 Züge nur bis zur Grenze fahren können, sagte SBB-Sprecher Stephan Wehrle auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Seit dem späteren Morgen verkehrten die Deutschlandzüge wieder durchgehend. Während des Warnstreiks mussten Deutschlandreisende mit mehrstündigen Verspätungen rechnen. Gegen Mittag gingen die Wartezeiten merklich zurück. Es gab aber noch Verspätungen von unterschiedlicher Länge. Wehrle rechnete mit einer Normalisierung im Verlaufe des Tages.