Kurz vor Beginn der Fussball-EM sorgen Streiks in Frankreich weiter für Behinderungen. Bei der Staatsbahn SNCF wurde am Mittwoch den achten Tag in Folge gestreikt und eine Fortsetzung des Arbeitskampfs beschlossen.
Am Donnerstag werden neue Blockaden aus Protest gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform der sozialistischen Regierung erwartet. Bei der SNCF waren die Behinderungen am Mittwoch etwas geringer als in den Vortagen, es rollten 80 Prozent der TGV-Schnellzüge und 60 Prozent der Intercity-Züge. Bei den Pariser Vorstadtzügen fiel aber nach wie vor jede zweite Verbindung aus.
Der Streik richtet sich unter anderem gegen die geplante Lockerung des Arbeitsrechts, vor allem aber gegen eine neue Vereinbarung zu den Arbeitszeiten der Bahnangestellten. Die SNCF hatte zwar am Dienstagvormittag nach Marathonverhandlungen einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt, der den Gewerkschaften weit entgegenkommt. Die Bahnangestellten beschlossen trotzdem eine Fortsetzung des Streiks auch am Donnerstag, wie die Gewerkschaften mitteilten.
Frankreichs Staatschef François Hollande, sein Premier Manuel Valls und Bahnchef Guillaume Pepy erhöhten zuletzt den Druck auf die Gewerkschaften, den Streik vor Beginn der Fussball-EM am Freitag zu beenden. Der Ausgang des Arbeitskampfs ist aber ungewiss – auch wenn mehrere Gewerkschaften die neue Vereinbarung unterzeichnen wollen.
Müllberge wachsen
Derweil quollen wegen eines Streiks bei der Müllabfuhr aus Protest gegen die Arbeitsmarktreform in einigen Pariser Stadtteilen die Mülleimer über. Die drei grössten Mülltrennungs- und Verbrennungsanlagen im Grossraum Paris waren am Mittwoch nach Angaben der Gewerkschaft CGT ebenso blockiert wie Depots von Mülllastern. Blockiert war auch eine Müllverbrennungsanlage nahe der südfranzösischen Hafenstadt Marseille.
Gestreikt wurde ausserdem weiterhin in drei der acht französischen Ölraffinerien. An den Tankstellen ist inzwischen aber wieder Normalität eingekehrt, nachdem es vor zwei Wochen zu massiven Engpässen bei der Versorgung mit Benzin und Diesel gekommen war.
Gegen Hollandes Arbeitsmarktreform werden am Donnerstag neue Protestaktionen erwartet, unter anderem im Energiesektor. Vergangene Woche hatte ein von Aktivisten provozierter Stromausfall in Westfrankreich 125’000 Haushalte betroffen.
Derweil rückt ein Pilotenstreik bei der Fluggesellschaft Air France während der EM immer näher. Die Gewerkschaften äusserten sich am Mittwoch nach Verhandlungen mit der Konzernleitung «pessimistisch» über den Ausgang der Gespräche.
Die Fluggesellschaft habe bislang nur «vage Versprechen» gemacht, die so nicht hinnehmbar seien. Die Piloten haben von Samstag bis Dienstag einen Streik angemeldet. Sie protestieren unter anderem gegen die Kürzung von Zulagen.