Der Streit um die politische Zukunft von Machthaber Baschar al-Assad blockierte am Dienstag die Genfer Friedensverhandlungen für Syrien. Der UNO-Sondergesandte Lakhdar Brahimi suchte trotz der Differenzen weiterhin nach Kompromissen.
Nach einer nur kurzen Abstimmungsrunde unter Vermittlung von Brahimi wurde eine für den Nachmittag geplante Begegnung der Delegationen von Regierung und Opposition abgesagt. Es war bereits der fünfte Verhandlungstag.
Es gebe noch keine grossen Fortschritte, räumte Brahimi ein. Er sei aber erfreut, dass beide Delegationen mindestens bis Freitag und damit bis zum geplanten Ende der ersten Genfer Verhandlungsrunde bleiben wollten. «Niemand verlässt den Verhandlungstisch», sagte der Algerier.
Zuvor hatten UNO-Diplomaten erklärt, der Verhandlungsprozess werde langwierig und sich wahrscheinlich über etliche Wochen mit mehreren Auszeiten hinziehen. Brahimi hofft, am Mittwoch mit einer «besseren Sitzung» voranzukommen.
Vertreter der Opposition sagten Reportern, die Regierungsseite habe mehr Zeit zur Abstimmung mit Damaskus über weitere Vorschläge für die Gestaltung der politischen Zukunft des Landes gefordert. Dem habe man zugestimmt.
Ringen um Übergangsregierung
Ein Sprecher der Syrischen Nationalen Koalition sagte gegenüber Journalisten, man wolle abwarten und prüfen, was Damaskus zur Bildung einer Übergangsregierung vorzuschlagen habe. Regierungsvertreter hatten am Montag einen von den Rebellen geforderten Rücktritt Assads als Voraussetzung für eine provisorische Regierung kategorisch abgelehnt.
Bei seinen Gesprächen mit den Delegationen hatte Brahimi am Vormittag laut Diplomaten auf Grundsätze der im Juni 2012 von den Weltmächten vereinbarten Syrien-Erklärung verwiesen. An der als «Genf I» bezeichneten Konferenz hatten keine syrischen Delegationen teilgenommen. Voraussetzung für die Teilnahme an den jetzigen Verhandlungen war ein Bekenntnis zu den Grundsätzen von «Genf I».
Das Dokument enthält zwar keine Aussage zu Assad. Verankert ist aber die Bildung einer Übergangsregierung, die alle Syrer repräsentieren und echte Machtbefugnisse haben soll. «Solange Damaskus daran festhält, dass Assad bleibt, wird es hier in Genf wohl kaum ein Friedensabkommen geben», sagte ein westlicher Diplomat.
Streit um Hilfskonvois
Zunehmend belastet werden die Friedensgespräche auch vom Streit über humanitäre Hilfe für eingeschlossene Zivilisten. Ein Sprecher des US-Aussenministeriums warf der Regierung in Damaskus vor, mit ihren Bedingungen für Hilfstransporte das Verhandlungsklima zu vergiften. Es sei inakzeptabel, dass ein Abzug oder die Entwaffnung der Rebellen als Vorleistungen verlangt würden.
Die Regierung von Präsident Baschar al-Assad müsse sofort die von den Vereinten Nationen vorgelegte Liste von Zielen für Hilfskonvois genehmigen. Die UNO stehen nach eigenen Angaben unter anderem bereit, eine Monatsration Lebensmittel für 2500 Menschen in die belagerte Altstadt von Homs zu bringen.