Streit zwischen Iraks Regierung und Kurden spitzt sich zu

Nach der scharfen Kritik von Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki an den Kurden im Norden des Landes wächst der Druck auf den Ministerpräsidenten, sein Amt aufzugeben. Ein Sprecher der kurdischen Autonomiegebiete forderte Al-Maliki am Donnerstag zum Rücktritt auf.

Ein Mädchen steht in einem Camp in Erbil für irakische Flüchtlinge (Bild: sda)

Nach der scharfen Kritik von Iraks Regierungschef Nuri al-Maliki an den Kurden im Norden des Landes wächst der Druck auf den Ministerpräsidenten, sein Amt aufzugeben. Ein Sprecher der kurdischen Autonomiegebiete forderte Al-Maliki am Donnerstag zum Rücktritt auf.

Der Regierungschef habe das Land zerstört, «und wer das Land zerstört, der kann es nicht retten», sagte der Sprecher. Die fünf kurdischen Minister der Zentralregierung in Bagdad wollen zudem aus Protest gegen al-Malikis Vorwürfe die Kabinettssitzungen boykottieren, wie die irakische Nachrichtenseite «Shafaaq News» meldete.

Al-Maliki hatte den Kurden vorgeworfen, sie böten in ihren Autonomiegebieten der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) Unterschlupf. Zugleich beschuldigte er die kurdische Führung, die Teilung des Iraks voranzutreiben.

«Wir können nicht schweigen angesichts der Tatsache, dass Erbil ein Hauptquartier des Islamischen Staats, der Baath-Partei, von Al-Kaida und Terroroperationen geworden ist», sagte al-Maliki im Fernsehen. Zudem warf er den Kurden vor, «die Umstände genutzt zu haben, um ihr Gebiet auszuweiten».

Der Regierungschef sei von Hysterie gepackt worden und versuche, anderen die Schuld für sein Versagen zu geben, sagte der Sprecher der kurdischen Autonomiegebiete. In den kurdischen Gebieten gebe es keinen Platz für die Gruppe Islamischer Staat.

Drohender Zerfall des Landes

Auch das schiitische Bündnis Al-Muwatin forderte den Rückzug Al-Malikis. Sollte er im Amt bleiben, werde der Irak in einen schiitischen, sunnitischen und kurdischen Teil zerfallen, sagte der Muwatin-Abgeordnete Aziz Al-Akili der Zeitung «Al-Mada». Das Bündnis ist im irakischen Parlament drittstärkste Kraft und gilt als möglicher Koalitionspartner Al-Malikis.

IS-Milizen haben seit Beginn ihres Vormarsches Anfang Juni grosse Teile im Norden und Westen des Landes unter Kontrolle gebracht. Kurdische, aber auch andere Politiker geben dafür dem schiitischen Regierungschef Al-Maliki die Schuld. Sie werfen ihm vor, seine von Schiiten dominierte Regierung diskriminiere Sunniten und habe so den Boden für den Vormarsch der sunnitischen Extremisten bereitet.

Die Parteien in Bagdad streiten sich seit Wochen um die künftige politische Führung. Al-Maliki ist seit 2006 Regierungschef und möchte nach seinem Wahlsieg Ende April vom Parlament für eine dritte Amtszeit bestätigt werden. Schiitische, sunnitische und kurdische Politiker fordern jedoch seinen Rückzug. Das irakische Parlament will am Sonntag wieder über die neue politische Führung beraten.

Die Kurden im Norden des Iraks planen zudem ein Referendum über die Unabhängigkeit ihrer Autonomiegebiete. Kurdische Peschmerga-Kämpfer haben den IS-Vormarsch auch genutzt, um die ölreiche Stadt Kirkuk im Norden des Iraks zu besetzen. Sie gehört nicht zu den kurdischen Gebieten, wird aber von den Kurden beansprucht.

Rebellen erobern Nuklearmaterial

Im Irak ist unterdessen nukleares Material in die Hände der Aufständischen gefallen. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) informierte die Vereinten Nationen über den Vorfall. Aus der Universität Mossul sei Uran gestohlen worden.

Die Tat soll auf das Konto der Terrorgruppe Islamischer Staat gehen. «Nach ersten Informationen gehen wir davon aus, dass es sich um niedrig angereichertes Material handelt, das keine Gefahr darstellt», sagte eine IAEA-Sprecherin in Wien.

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