Studierende der Uni Basel sind unterwegs im urbanen Raum. In einem mobilen Forschungsseminar vertiefen sie sich in aktuelle Aspekte von Stadtentwicklung: Wie wollen wir in Zukunft leben, wohnen, arbeiten und uns erholen? Ihre Beobachtungen teilen sie im neuen Blog «Stadtflaneur» mit der Öffentlichkeit.
Flanieren, beobachten, dokumentieren, analysieren, Ideen und Empfehlungen aussprechen – den Bleistift stets gezückt, die Kamera griffbereit. Im Rahmen des Forschungsseminars «Basel als Labor der Stadtentwicklung: Trends, Konzepte, Visionen für urbanes Leben im 21. Jahrhundert» (Leitung: Barbara Piatti) machen sich Studierende der Universität Basel auf, ihre Stadt zu entdecken, genauer hinzusehen.
Im Fokus stehen Schauplätze und Akteure der Stadtproduktion im 21. Jahrhundert. Dabei lassen die Stadtflaneure die historische Dimension, ohne die das Heute nicht zu verstehen ist, nie ausser Acht. Und üben sich gleichzeitig darin, einen kritischen Blick auf die laufenden Entwicklungen zu werfen.
Über den Blog, der in enger Zusammenarbeit mit der TagesWoche entsteht, landen die Ideen und Kommentare der Studierenden nicht in der Schublade (beziehungsweise auf der Festplatte), sondern werden selbst Teil der Diskussion, wie unsere Stadt sich künftig entwickeln soll. Der Blog «Stadtflaneur» ist ein Versuch, die Schnittstelle Wissenschaft/Öffentlichkeit ernst zu nehmen und produktiv zu machen.
Konzepte, Trends, Visionen von urbanem Leben im 21. Jahrhundert
Das 21. Jahrhundert wird vieles werden, was sich noch nicht abschätzen lässt. Sicher ist jetzt schon, dass es ein Jahrhundert der Städte werden wird. Seit 2008 leben global gesehen erstmals mehr Menschen in urbanen Räumen als auf dem Land. Europa hat (noch) keine Megacitys, der Trend läuft eher dahin, die Stadt mit ihren bestehenden Strukturen als lebenswertes Umfeld zurückzuerobern. Wie wollen wir in Zukunft leben, wohnen, arbeiten und uns erholen? Und welche Räume braucht es dazu? Auf kleinstem Raum (knapp 23 Quadratkilometer) finden sich in Basel derzeit mehrere Dutzend Stadtentwicklungsprojekte, die die reiche Stadt am Rhein für die Herausforderungen des urbanen Lebens im 21. Jahrhundert fit machen sollen.
Gegenwärtig wird vom Rheinhafen (Stichwort «Rheinhattan») über die Neugestaltung des Dreispitz bis hin zu umfassenden Quartieraufwertungen (Erlenmatt, Schorenstadt) geplant, gebaut und bereits genutzt. Basel zeigt sich als höchst produktives Labor der Stadtentwicklung, eine Entwicklung, die sich auf theoretischer Ebene auch im ETH Studio Basel und in praktischer Hinsicht am (nicht unumstrittenen) Novartis Campus, der sogenannten «Stadt in der Stadt», verfolgen lässt.
Areale und Akteure der Stadtentwicklung
Dazu kommt als neuer wichtiger Akteur die IBA2020, die «Internationale Bauausstellung«, die in sieben Jahren stattfinden wird und die sich unkonventionelle Vernetzungen im trinationalen Metropolitanraum auf die Flagge geschrieben hat. Mit dem Team der IBA2020 rund um Geschäftsführer Martin Jann findet ein besonders enger Austausch statt – mit Diskussionsrunden im IBA-Haus an der Voltastrasse und Begehungen von künftigen Projektschauplätzen.
Ein entscheidender Motor in der Basler Stadtentwicklung sind die zahlreichen Stiftungen. Ihre Tätigkeiten hinterlassen sichtbare und vor allem willkommene Spuren im Stadtbild – Museen, Theatersäle, Bibliotheken, Wohnanlagen, Grünflächen, Entwicklungsareale für eine Stadt der Zukunft gehören zu ihren Betätigungsfeldern. Diese Stiftungsaktivitäten haben eine lange Tradition: In Basel haben sich Mäzene und Gönner seit dem 18. Jahrhundert mit grossen Projekten und namhaften Beiträgen um das Wohl der Allgemeinheit gekümmert, allen voran die Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (GGG, gegründet 1777) und die Christoph Merian Stiftung (gegründet 1886).
Hot Spots und «vergessene Quartiere»
Letztere ist seit ihrer Gründung kontinuierlich in Projekten für die städtische Gesellschaft tätig. Heute kann sie mehr denn je als Akteurin der Stadtproduktion bezeichnet werden. Was das heisst, lässt sich zur Zeit am besten auf dem Dreispitzareal verfolgen. Dazu kommen Stiftungen neueren Datums wie die Stiftung Habitat (gegründet 1996), die innovative Wohnformen und bezahlbaren Wohnraum unterstützt. Fachleute aus den Stiftungen führen die Seminargruppe über die Areale – und vor Modellen, am Rand von Baugruben und vor noch unbebauten Flächen kommen lebhafte Gespräche in Gang.
Die Studierenden besuchen so die bekannten Hot Spots eines zukünftigen Basel (Dreispitz, Hafen, Erlenmatt u.a.). Sie lassen sich aber auch von eigenen Ideen leiten und nehmen Quartiere unter die Lupe, die im Moment nicht auf dem Radar der Stadtentwicklung erscheinen, etwa die Breite, das Gotthelf und das Rosental. Ihre Impressionen und Analysen sind im Blog laufend zu verfolgen. Viel Vergnügen!