Am Wochenende haben heftige Stürme erneut Teile Westeuropas lahmgelegt: In England, der Bretagne und auf der Atlantikinsel Madeira sorgten Schnee- und Regenfälle für zahlreiche Verkehrsstörungen, zehntausende Haushalte waren ohne Strom.
In England wurde nach den schweren Regenfällen, die im Westen Londons zu weitflächigen Überschwemmungen geführt hatten, mit einem weiteren Anstieg des Wassers gerechnet. Stellenweise wurden historische Höchststände der Themse erwartet.
In der Londoner Innenstadt wurde eine 49-Jährige getötet, als am Freitagabend ein Gebäudeteil einstürzte und die Trümmer auf das Dach ihres Autos krachten. Auf einem Kreuzfahrtschiff im Ärmelkanal starb ein 85-Jähriger, nachdem eine Riesenwelle die Schiffsfenster zum Bersten gebracht hatte.
Im irischen Cork wurde ein 65-jähriger Elektriker nach dem Aufrichten eines umgestürzten Strommasts tödlich am Kopf getroffen, als dieser auf ihn zurückkippte. Zwei Tage, nachdem orkanartige Böen massive Überschwemmungen und Stromausfälle ausgelöst hatten, fegten am Freitag und Samstag weitere Regenstürme über den Südwesten Englands hinweg.
Mehr als 140’000 Haushalte waren vorübergehend ohne Strom, unzählige Strassen durch umgestürzte Bäume blockiert. Die Bahn stellte auf mehreren Strecken ihren Betrieb ein. Auch der Londoner Flughafen Heathrow strich eine Reihe von Flügen.
Höchster Pegel seit 60 Jahren
Nach Schätzungen von Meteorologen sollte die Themse am Wochenende mancherorts ihren höchsten Pegel seit 60 Jahren erreichen. Premierminister David Cameron besuchte das Dorf Chertsey im Westen Londons, wo zahlreiche Soldaten den Einwohnern beim Errichten von Sandsackdämmen halfen, um sich gegen den erwarteten Wasseranstieg zu wappnen. Landesweit waren mehr als 2000 Soldaten und 70 Prozent der Feuerwehr- und Rettungskräfte im Einsatz.
Der Gouverneur der Bank von England, Mark Carney, hat bereits gewarnt, der regenreichste Jahresbeginn seit 250 Jahren könnte die langsame Erholung des Landes von seiner Rezession gefährden. Oppositionsführer Ed Miliband bezeichnete in einem Interview mit dem «Observer» die Unwetter als Folge des menschlich verursachten Klimawandels und rief die Regierung auf, die Erderwärmung als «Frage der nationalen Sicherheit» zu behandeln.
Bahnpassagiere gestrandet
Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde fegte das Sturmtief «Ulla» am Freitagabend auch über die französische Bretagne hinweg. Bis zu 115’000 Haushalte waren dort ohne Strom, hunderte Bahnpassagiere verbrachten die Nacht in Notunterkünften oder abgestellten Zügen, weil die Bahn aus Sorge vor umstürzenden Bäumen vorsorglich den Schienenverkehr in den meistgefährdeten Regionen eingestellt hatte.
Auch die normalerweise für ihr mildes Klima bekannte portugiesische Insel Madeira litt unter dem Wintersturm. Starker Wind und Schneefall führten am Samstag zum Ausfall mehrerer Flüge, ausserdem waren etwa ein Dutzend Gebirgsstrassen gesperrt. Im Zentrum der Atlantikinsel mussten Autofahrer gerettet werden, die mit ihren Fahrzeugen im Schnee stecken geblieben waren.