Ein Sturz kann für Ältere den Unterschied zwischen einem unabhängigen Leben und Pflegebedürftigkeit oder gar Tod bedeuten. Die beste Prävention wäre, den ersten Sturz hinauszuzögern. Ein schweizerisch-deutsches Forscherteam identifizierte die wichtigsten Kriterien.
Stürze sind die häufigste Ursache für Knochenbrüche bei Senioren. Zumeist bricht der Oberschenkelhals, was bei jedem fünften Betroffenen zum Tod führt. In Industrieländern sind Stürze für rund ein Prozent der Gesundheitsausgaben verantwortlich, wie die Forscher im Fachjournal «Interface» der britischen Royal Society schreiben.
Bislang fehlten jedoch verlässliche Kriterien zur Vorhersage eines künftigen Sturzes. Also hat das Team um William Taylor vom Institut für Biomechanik der ETH Zürich bei 84 Frauen zwischen 60 und 85 Jahren zahlreiche Parameter vermessen. Die eine Hälfte von ihnen hatte im Jahr zuvor einen Sturz erlitten, die andere nicht.
Das Ergebnis: Vor allem das Gangbild sagt voraus, ob jemand stürzen wird, nicht aber das Gleichgewicht oder die Muskelkraft. Zur Messung des Gangmusters platzierten die Forscher spezielle Marker auf den Probanden. Anschliessend zeichnete ein Kamerasystem das Gangbild der Teilnehmer auf. So liessen sich die Schrittlänge und Unregelmässigkeiten im Gang bestimmen.
Die Forscher gingen aber noch weiter: Sie wollten die sturzgefährdeten Personen identifizieren, noch bevor sie ihren ersten Sturz erlitten. Die Sturz-Vorgeschichte ist der häufigste Parameter, der in der klinischen Praxis zur Sturzvorhersage angewendet wird.
Keine wirksame Prävention
Allerdings verhindere derzeit kaum eine Präventionsmassnahme wirkungsvoll einen weiteren Sturz dieser Patienten, erklärte Mitautor Niklas König auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. «Deshalb wäre es besser, den ersten Sturz solange wie möglich hinauszuzögern», sagte er.
Also erhoben die Forscher ein Jahr später, welche der Testpersonen in diesem Jahr einen Sturz erlitten hatte. Dies war bei sechs der 42 Frauen ohne vorherigen Sturz der Fall. Obwohl diese Zahl für eine statistische Auswertung zu klein war, zeigte das Gangbild dieser Frauen in Bezug auf Schrittlänge und Gangvariabilität eine Tendenz, die jener der «Stürzenden» glich.
Die Forscher betonen, dass dieses Resultat noch mit grösseren Stichproben bestätigt werden müsse. Doch geht König davon aus, dass Stürze in Zukunft besser vorhergesagt werden können, indem bei Gesunden das Gangbild analysiert wird. Messungen von Aspekten wie Gleichgewicht oder Muskelkraft seien indes weniger aussagekräftig.
Für die praktische Anwendung seien indes wohl einfachere Wege als die aufwendigen Messungen mit der Kamera vonnöten, meinte König. Ein praktikabler Ansatz könnten mit Drucksensoren ausgerüstete Gangteppiche sein, wie sie mancherorts bereits im Einsatz stehen. Alternativ könnten auch an der Hüfte tragbare Beschleunigungssensoren das Gangmuster aufzeichnen.