Im Konflikt um die Ukraine hat die internationale Gemeinschaft nach den militärischen Drohungen aus Moskau ein diplomatisches Warnsignal an den Kreml geschickt. Die westlichen Industrienationen setzten alle Vorbereitungstreffen für den G8-Gipfel mit Russland aus.
Die sieben führenden Industriestaaten – USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Grossbritannien, Italien und Japan – verurteilten das russische Vorgehen auf der Krim als «klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine» und Verstoss gegen internationale Verpflichtung.
Die sogenannten G7-Staaten und die EU riefen Moskau ausserdem auf, etwaige Sicherheits- oder Menschenrechtsbedenken direkt in Kiew anzusprechen oder eine Vermittlung oder auch Beobachtung der Vereinten Nationen oder Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu akzeptieren.
«Wir stehen bereit, bei diesen Bemühungen zu helfen», heisst es in einer gemeinsamen Erklärung der G7. Der Gipfel in Sotschi gilt nach den Olympischen Winterspielen als weiteres Prestigevorhaben Putins.
Kontaktgruppe offenbar akzeptiert
Nach Darstellung der deutschen Regierung akzeptierte Putin den Vorschlag der Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine sogenannte «Fact finding mission» zur Untersuchung der Lage in der Ukraine zu starten. Ausserdem solle eine Kontaktgruppe gebildet werden, um einen politischen Dialog zu beginnen. Diese könnte unter Leitung der OSZE stehen, welche derzeit die Schweiz präsidiert.
Auch die Nato regte die Entsendung internationaler Beobachter unter der Ägide des UNO-Sicherheitsrates oder der OSZE an. Wichtig sei ein politischer Prozess in der Ukraine, bei dem auch die Rechte von Minderheiten respektiert würden, hiess es am Abend in einer Erklärung der Botschafter der 28 Nato-Staaten.
US-Präsident Barack Obama erörterte am Sonntagabend unter anderem mit Merkel und dem britischen Premier David Cameron weitere Schritte. Merkel und Obama seien sich einig gewesen, dass Putin mit der Intervention auf der Krim gegen das Völkerrecht verstösst, teilte ein deutscher Regierungssprecher mit. Beide betonten, dass nur eine politische Lösung geeignet sei, die Probleme zu lösen.
Kriegsermächtigung als Abschreckung
Russland versicherte, es wolle keinen Krieg mit der Ukraine. «Wir sind dagegen, dass jemand diese Terminologie verwendet im Verhältnis mit der uns nahen Ukraine», sagte Vizeaussenminister Grigori Karassin im Staatsfernsehen. Russland werde alles tun, um die bilateralen Beziehungen zu festigen – «zumal davon die Stabilität in Europa» abhänge.
Russland setze darauf, dass die Erlaubnis des Föderationsrats für Kremlchef Putin, notfalls das Militär zum Schutz russischer Bürger in der Ukraine einzusetzen, bereits eine «ernüchternde Wirkung» habe.
Russland kontrolliert Krim
Das russische Militär hat inzwischen nach US-Erkenntnissen «totale operative Kontrolle» auf der Halbinsel Krim. Zu den präsenten Streitkräften auf dem Boden zählten 6000 Fallschirmjäger und Marinesoldaten, sagte ein hoher US-Regierungsbeamter am Sonntag vor Journalisten. «Weitere Verstärkungen werden eingeflogen».
Mehrere hundert Menschen haben am Sonntag in New York gegen das russische Vorgehen auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim protestiert. Mit ukrainischen Fahnen und Plakaten zogen sie stundenlang über mehrere Strassen in Manhattan und schliesslich vor das russische Generalkonsulat. Auch in Bern demonstrierten rund 50 Menschen am Sonntagnachmittag gegen die Intervention.