Suche nach Opfern in Soma für beendet erklärt

Vier Tage nach dem Grubenunglück in Soma hat die türkische Regierung die Suche nach Opfern für beendet erklärt. Die Leichen der letzten beiden Vermissten wurden an die Oberfläche gebracht. In Istanbul riefen Gegner der Regierung für Samstagabend zu Protesten auf.

Türkische Polizisten gehen in Istanbul gegen Demonstranten vor (Bild: sda)

Vier Tage nach dem Grubenunglück in Soma hat die türkische Regierung die Suche nach Opfern für beendet erklärt. Die Leichen der letzten beiden Vermissten wurden an die Oberfläche gebracht. In Istanbul riefen Gegner der Regierung für Samstagabend zu Protesten auf.

«Es gibt keine Vermissten mehr», sagte Energieminister Taner Yildiz am Samstagabend. Die Zahl der Toten liege bei 301. 485 Kumpel hätten die Katastrophe vom Dienstag überlebt.

Die Suche nach Überlebenden sei «ein Rennen gegen die Zeit» gewesen, so Yildiz. Den Angehörigen der Opfer sagte er Hilfe zu. Die Ursache des Unglücks werde weiter untersucht.

Das Grubenunglück ist das schwerste in der Geschichte der Türkei und das schwerste weltweit seit fast 40 Jahren.

Proteste gehen weiter

Das Grubenunglück hat wütende Proteste gegen die Regierung ausgelöst, welcher Kritiker eine Mitschuld an der Katastrophe geben. Nach den Zusammenstössen zwischen Demonstranten und der Polizei am Freitag in Soma dauerten die Spannungen dort am Samstag an.

Augenzeugen berichteten, zwischen 50 und 100 Menschen hätten sich geweigert, Aufforderungen der Polizei Folge zu leisten und ihre Versammlung aufzulösen. Nach einem Wortgefecht hätten Polizisten einige Menschen geschlagen und mehrere festgenommen. Am Freitag war die Polizei mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen gegen Demonstranten vorgegangen.

Auch in der Metropole Istanbul ging die Polizei am Abend gewaltsam gegen Demonstranten vor. Die Sicherheitskräfte setzten auf der zentralen Einkaufsmeile Istiklal Caddesi Wasserwerfer und Tränengas ein, wie dpa-Reporter berichteten.

Hunderte Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung wegen des verheerenden Grubenunglücks. Ihr wird unter anderem vorgeworfen, schärfere Sicherheitskontrollen verhindert zu haben.

Teilte Erdogan Ohrfeige aus?

Für zusätzliche Brisanz sorgten Vorwürfe, Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe bei einem Besuch in Soma am Mittwoch einen Mann geohrfeigt, der ihn ausgebuht habe.

Das von Regierungskritikern als Beleg für den Vorfall gewertete Video ist in der entscheidenden Sequenz allerdings so verwackelt, dass Erdogans Verhalten nicht klar zu erkennen ist. Erdogans Partei AKP wies die Vorwürfe zurück.

Erdogan war bei seinem Besuch in Soma am Mittwoch von einer Menschenmenge ausgebuht und ausgepfiffen worden. Der Ministerpräsident hatte unter anderem die schlechte Sicherheitsbilanz der Kohlebergwerke in der Türkei heruntergespielt und gesagt: «Solche Unfälle passieren ständig.»

Für Empörung hatte auch Erdogan-Berater Yusuf Yerkel gesorgt, der bei dem Besuch auf einen am Boden liegenden Demonstranten eintrat.

US-Präsident Barack Obama bot der Türkei Hilfe an. In einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül drückte Obama sein Beileid aus. Welche Hilfe genau er dem Land zukommen lassen wollte, blieb in einer Mitteilung des Weissen Hauses zunächst unklar.

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