Die Delegierten der SVP haben am Samstag grünes Licht gegeben für eine Volksinitiative gegen die Personenfreizügigkeit. Das Abkommen mit der EU soll aufgehoben oder gekündigt werden.
Die Lancierung der Initiative war an der Delegiertenversammlung in Lausen BL unbestritten. Die Delegierten waren sich einig, dass die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union (EU) «jetzt weg müsse». Die Probleme würden jeden Tag grösser, hiess es etwa in einem Votum. Erwähnt wurden die Arbeitslosenzahlen. Die Schweiz solle nicht im Durchschnitt versinken, hiess es weiter.
Das Volksbegehren mit dem Arbeitstitel «Volksinitiative zur Begrenzung der Zuwanderung» soll bis Ende Jahr lanciert werden. Die Initiative, die einer Änderung der Verfassung will, plant die SVP zusammen mit der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS). Deren Mitglieder stimmten dem Projekt bereits im Mai zu.
Kündigung oder Aufhebung
Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von SVP und AUNS hatte für die Initiative zunächst drei Varianten ausgearbeitet. Auf Bitte des SVP-Parteiausschusses wurden diese nun auf zwei reduziert, wie der Arbeitsgruppen-Präsident und Baselbieter alt Nationalrat Caspar Baader bei der Präsentation der Eckpunkte vor den 354 Delegierten sagte.
Die erste Variante zielt direkt auf die Kündigung des Abkommens zur Personenfreizügigkeit mit der EU. Diese hätte demnach innerhalb von zwölf Monaten nach der Annahme der Initiative zu erfolgen.
Umfassender ist Variante zwei. Sie schreibt vor, dass die Zuwanderungsregelung ausschliesslich in der Kompetenz der Schweiz liegt. Verboten wird der Abschluss von internationalen Verträgen, die den ausländischen Staatsangehörigen eine Personenfreizügigkeit gewähren. Bestehende Verträge dürften zudem nicht im Widerspruch zu dieser Vorgabe angepasst oder erweitert werden.
Eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens wäre indes mit der zweiten Variante nicht zwingend. Bundesrat und Parlament könnten das Abkommen durch Verhandlungen mit der EU und deren Mitgliedstaaten ausser Kraft setzen. Diese hätten gemäss Baader ein grosses Interesse am Erhalt der übrigen Abkommen aus den Bilateralen Verträgen I. Verlangt wird eine Lösung innerhalb zwölf Monaten.
Auch wenn die zweite Variante an der Verdsammlung stärkere Zustimmung fand, wollten die Delegierten es dem Parteileitungsausschuss überlassen, wie die Initiative genau formuliert werden solle. Der definitive Initiativtext soll nun zusammen mit dem AUNS-Vorstand ausgearbeitet werden.
Blocher: «Freundschaften haben Grenzen»
Zuvor hatte die SVP-Spitze die Delegierten auf einen Anti-Zuwanderungs-Kurs eingestimmt. Im Zentrum der Reden standen «Fehleinschätzungen» zu den Zuwanderungszahlen. Viele der Prognosen seien falsch gewesen, sagte zum Beispiel SVP-Parteistratege und alt Bundesrat Christoph Blocher. Den Politikern fehle jedoch die Grösse, diesen Irrtum zuzugeben.
Die Schweiz müsse unabhängig bleiben und Freundschaften mit allen Staaten pflegen. Es gebe aber auch Grenzen einer Freundschaft, sagte Blocher. Es könne nicht sein, dass die Schweiz an die EU gekettet werde und diese künftig in Bern entscheide. Die Schweiz habe eine Verfassung mit geschützten Freiheitsrechten; der erfolgreiche Weg der Schweiz dürfe nicht untergraben werden.
SVP-Parteipräsident und Nationalrat Albert Rösti (BE) sagte, das Zuwanderungsregime habe alleine Sache der Schweiz zu sein. Er kritisierte dabei auch die geplante Umsetzung der vom Stimmvolk angenommenen Masseneinwanderungsinitiative (MEI).
Korrekturen durch das Volk nötig
In der Kritik Röstis stand auch der Bundesrat, dessen Beschlüsse «aus den Fugen» geraten würden. So blockiere die EU zum Beispiel die Verhandlungen zur Umsetzung der MEI. Dennoch wolle die Landesregierung bedingungslos Geld für die Osterweiterung sprechen. Daher müsse das Volk auch künftig Korrekturen anbringen.
Er sei überzeugt, dass die mit der «Masseneinwanderung» verbundenen Kosten weit grösser seien als der Nutzen, den die Zuzüger brächten, sagte SVP-Nationalrat und Fraktionspräsident Adrian Amstutz (BE). Er erwähnte etwa steigende Mieten und Krankenkassenprämien sowie die überfüllten Strassen und Züge.
Der Tessiner Nationalrat Marco Chiesa sagte, dass in seiner Heimat auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Personenfreizügigkeit grosse Not herrsche. Lohndumping existiere, und Schweizer würden durch ausländische Arbeitskräfte ersetzt.