SVP droht mit Referendum bei Verhandlungen mit Kroatien

Eine Reihe von Forderungen richten Parteien und Verbände an den Bundesrat, nachdem dieser am Freitag beschlossen hat, mit der EU Verhandlungen über die Ausdehnung des freien Personenverkehrs mit Kroatien aufzunehmen. Die SVP droht mit einem Referendum.

Bei einer Ausdehnung der Personenfreizügigkeit stellen Parteien und Verbände Forderungen (Symbolbild) (Bild: sda)

Eine Reihe von Forderungen richten Parteien und Verbände an den Bundesrat, nachdem dieser am Freitag beschlossen hat, mit der EU Verhandlungen über die Ausdehnung des freien Personenverkehrs mit Kroatien aufzunehmen. Die SVP droht mit einem Referendum.

Für die SVP komme eine Ausdehnung der Personenfreizügigkeit ohne wirkungsvolle Begrenzungsmöglichkeit nicht in Frage, sagt Fraktionspräsident Adrian Amstutz. Der Bundesrat betreibe Schönfärberei und verkenne die wachsenden Probleme.

Bundesrat und Parlament müssten Massnahmen ergreifen, damit die Schweiz die Zuwanderung wieder selbst steuern könne. Andernfalls werde die SVP das Referendum gegen die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit Kroatien ergreifen müssen. Gleichzeitig setze sie auf ihre Zuwanderungs-Initiative. „Wir schlittern auf 10 Millionen Einwohner zu. Das verkraftet die Schweiz nicht.“

Möglichst lange Übergangsfristen

FDP-Präsident Philipp Müller fordert, die Verhandlungsdelegation zu beauftragen, möglichst lange Übergangsfristen mit möglichst tiefen Kontingenten während dieser Fristen auszuhandeln. Eine Abstimmung über den freien Personenverkehr mit Kroatien werde „kein Spaziergang“ und ohne Übergangsfristen nicht zu gewinnen sein.

Die FDP habe vor drei Jahren gefordert, dass die Schweiz ihre Möglichkeiten ausschöpft, Missbräuche des freien Personenverkehrs zu bekämpfen, etwa bei den Sozialleistungen oder der Dauer von Aufenthaltsbewilligungen. Das Abkommen müsse in diesem Sinn schärfer angewendet werden.

SP: Flankierende Massnahmen für Wohnungsmarkt

Die SP will die Ausdehnung des freien Personenverkehrs auf Kroatien nur unter der Voraussetzung unterstützen, dass neben den verschärften flankierenden Massnahmen auf dem Arbeitsmarkt auch „griffige flankierende Massnahmen zum Schutz des Wohnungs- und Bodenmarktes“ ergriffen werden. So werde die Personenfreizügigkeit zum Erfolgsmodell für alle und nicht bloss für einige wenige, schreibt sie in einem Communiqué.

CVP-Parteipräsident Christophe Darbellay nennt das Vorgehen des Bundesrates „logisch“. Doch auch er findet, dass die flankierenden Massnahmen für den Arbeitsmarkt sehr sorgfältig geprüft werden müssten angesichts der Besorgnis der Bevölkerung.

Beim Schweizerischen Arbeitgeberverband geht Direktor Thomas Daum davon aus, dass die Übergangsfristen und Kontingente analog zu Rumänien und Bulgarien geregelt werden. Ebenso geht er davon aus, dass der Bundesrat Bedingungen aushandeln lässt, die in der Schweizer Bevölkerung Akzeptanz finden.

Dass Kroatinnen und Kroaten in grosser Zahl in die Schweiz einwandern werden, erwartet er nicht: „Die Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften aus Kroatien dürfte nicht so gross sein.“ Grund seien deren fehlende Sprachkenntnisse sowie ungenügende Ausbildung und Qualifikationen.

Regulierungen im Arbeitsmarkt

Der Arbeitnehmer-Dachverband Travail.Suisse knüpft sein Ja zur Personenfreizügigkeit mit Kroatien an bessere Regulierungen des Arbeitsmarktes. Für den Vollzug der flankierenden Massnahmen müssten genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, fordert Susanne Blank, Leiterin Wirtschaftspolitik.

Zudem müsse der Vollzug auf dem Niveau der Spitzenreiter Genf und Tessin vereinheitlicht werden. Es brauche mehr flächendeckend verbindliche branchen- und kantonsspezifische Mindestlöhne, und es müsse dafür gesorgt werden, dass Arbeitskräfte in Tieflohnbranchen – etwa aus Ex-Jugoslawien – nicht von EU-Bürgern verdrängt würden.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) wollte am Freitag noch keine Stellungnahme abgeben. Er will zuerst analysieren, ob und wie sich Verschärfungen bei den flankierenden Massnahmen – etwa die Vorkehrungen gegen Scheinselbständigkeit oder die Solidarhaftung – auswirken, wie Sprecher Thomas Zimmermann sagte.

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