Das Nein zur Durchsetzungsinitiative der SVP hat europaweit Wellen geworfen. Die SVP habe mit der Initiative den Bogen überspannt und die Quittung erhalten, so das Urteil europäischer Medien. Selbst der deutsche Justizminister äusserte sich – und Edward Snowden.
Der deutsche Justizminister Heiko Maas (SPD) liess über Twitter verlauten, die Schweizer hätten eindrucksvoll gezeigt, dass es eben zwischen Stammtischparolen und Volkes Meinung einen Unterschied gebe.
Am Abend äusserte sich auch NSA-Enthüller Edward Snowden auf Twitter: Er sei «stolz auf die Schweiz», schrieb er, die direkte Demokratie habe über die Fremdenfeindlichkeit gesiegt.
Nach Ansicht der deutschen Tageszeitung «Die Welt» hat die grosse Kampagne der Gegner massgeblich zur Ablehnung der Initiative beigetragen. Die SVP, die wählerstärkste Partei der Schweiz, habe sich verschätzt. Die guten Umfragewerte vor wenigen Wochen hätten die Gegner in nie gesehener Art mobilisiert.
Breite Allianz der Gegner
Mehr als 100 Rechtsprofessoren, Bischöfe, Äbte, Politologen und die Schweizer Juden hätten sich zu Wort gemeldet, schreibt der Schweizer Korrespondent der Zeitung. Kritisch merkt er an, dass die Gegner mit dem zum Hakenkreuz verformten Schweizer Kreuz in den Bahnhöfen von Zürich und Genf über das Ziel hinausgeschossen seien.
Die «Süddeutsche Zeitung» spricht von einer kleinen Sensation. Noch vor wenigen Wochen sei der Vorschlag, Ausländer wegen Bagatelldelikten abzuschieben, überall auf eine breite Zustimmung gestossen. Die Serie sei nun gebrochen.
Die Schweizer hätten den Angriff auf ihre demokratische Verfassung erkannt und sich konsequent zur Wehr gesetzt. Das Signal sei deutlich. Es lohne sich zu argumentieren. Die Populisten hätten kein Abonnement auf den Volkswillen, schreibt das Blatt weiter.
Schärferes Ausländerrecht
Die «Frankfurter Allgemeine» berichtet nüchtern über die Fakten zur vom Schweizer Volk verworfenen Initiative. Das Blatt erinnert jedoch auf seinem Internetportal daran, dass die Schweiz trotz Ablehnung der Initiative ein scharfes Ausländerrecht bekomme.
«Der Spiegel» führt seiner Leserschaft vor Augen, was die Durchsetzungsinitiative bei einer Annahme bedeutet hätte. In der Schweiz wohnhafte Ausländer wären automatisch abgeschoben worden. Und das Magazin weist darauf hin, dass ein Viertel der Schweizer Bevölkerung nicht über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfüge.
Hohe Wahlbeteiligung
Als «herbe Niederlage für die SVP um ihren Vordenker Christoph Blocher »bezeichnet der österreichische «Standard» das Votum des Schweizer Volks. Das Blatt verweist auf die Mobilisierung namentlich in den grossen Städten. Die Wahlbeteiligung habe mit 62 Prozent den vierthöchsten Wert bei Volksbefragungen erreicht.
Auf die Niederlage der SVP geht auch die französische Tageszeitung «Libération» ein. Die Ablehnung der Initiative bedeute für die SVP einen herben Rückschlag, habe die Partei doch in der Vergangenheit mit dem Thema Immigration stets punkten können. Die Gegner der Initiative hätten die Exzesse bei einer Annahme der Vorlage erfolgreich thematisiert. Ihre Kampagne habe die Wende herbeigeführt.
Ins gleiche Horn stösst die spanische Tageszeitung «El Pais». Wäre die Initiative angenommen worden, wären die Immigranten ohne Schweizer Pass zu Bürgern zweiter Klasse degradiert worden. Bereits bei kleinen Delikten wären die Delinquenten des Landes verwiesen worden. Und die Abschiebung wäre ohne richterlichen Beschluss erfolgt, schreibt die Zeitung auf ihrem Internetportal.
Italiens Medien schweigen
Den beiden grossen italienischen Tageszeitungen «Corriere della Sera» und «Repubblica» ist die Abstimmung in der Schweiz keine Zeile wert. Der holländische «De Volkskrant» schreibt, dass die Schweiz bei einer Annahme der Initiative automatische Ausschaffungen verfügt hätte. Mit Geerd Wilders hat Holland selbst einen einflussreichen Rechtspopulisten im Parlament.