SVP-Kader wegen Rassendiskriminierung verurteilt

SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und seine Stellvertreterin Silvia Bär sind wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden. Grund für das Urteil ist das Messerstecher-Inserat von 2011. Die SVP sprach von einem «politischen Urteil».

SVP-Generalsekretär Baltisser und seine Stellvertreterin Bär (Bild: sda)

SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und seine Stellvertreterin Silvia Bär sind wegen Rassendiskriminierung verurteilt worden. Grund für das Urteil ist das Messerstecher-Inserat von 2011. Die SVP sprach von einem «politischen Urteil».

«Kosovaren schlitzen Schweizer auf» lautete der Titel in mehreren Zeitungen und auf der SVP-Website. «Wer das nicht will, unterschreibt jetzt die Masseneinwanderungsinitiative.»

Nach Überzeugung des erstinstanzlichen Regionalgerichts Bern wussten Baltisser und Bär als Kommunikationsprofis, dass das Inserat möglicherweise rassistisch eingestuft werden könnte. Trotzdem hätten sie die Anzeige nicht gestoppt.

Die beiden SVP-Kader machten vergeblich geltend, der Titel habe bloss den Angriff auf einen Schweizer in Interlaken zusammengefasst. Das Inserat habe sich nicht gegen eine bestimmte Volksgruppe gerichtet, sondern gegen kriminelle Ausländer. Einzelrichterin Christine Schaer entgegnete, der Titel sei zumindest zweideutig.

Der Durchschnittsleser könne es so verstehen, dass die Kosovaren allesamt Verbrecher seien und als «Messerschlitzer» sogar besonders gefährlich. Das sei eine undifferenzierte und damit unzulässige Verallgemeinerung.

Bedingte Geldstrafen

Baltisser und Bär wurden zu bedingten Geldstrafen verurteilt, die aufgrund von Einkommen und persönlichen Verhältnissen unterschiedlich hoch sind. Bei Bär sind es 23’400 Franken, bei Baltisser 17’400 Franken. Gemeinsam müssen sie für die Verfahrenskosten von 7330 Franken aufkommen. Die Entschädigung für die beiden Privatkläger beläuft sich auf 13’500 Franken.

David Gibor, der Anwalt der beiden kosovarischen Kläger, hatte in seinem Plädoyer von einem «schrecklichen, menschenverachtenden Inserat» gesprochen, das eine «landesweite Empörungswelle» ausgelöst habe.

«Nie rassistische Gedanken gehabt»

Verteidiger Thomas Wirz hatte einen Freispruch verlangt. Der Titel sei eine Verkürzung, wie sie im Journalismus gang und gäbe sei. Beim Titel «Schweizer machen Uhren» komme auch niemand auf die Idee, es werde behauptet, dass alle Schweizer Uhren machten.

In der französischen Fassung des Inserats werde klar, um was es der SVP gegangen sei. Dort lautete der Titel «Des Kosovars poignardent un Suisse», womit ausschliesslich der Fall von Interlaken angesprochen werde.

Generalsekretär Baltisser beteuerte, er habe «nie im Leben rassistische Gedanken gehabt oder zum Ausdruck gebracht». Seine Stellvertreterin Bär betonte, für sie sei die freie Meinungsäusserung ein hohes Gut.

Menschenwürde geht vor

Einzelrichterin Schaer hielt entgegen, die Menschenwürde sei immer höher zu gewichten als die Freiheit der Meinungsäusserung. Wenn man Verbrechen wie die Tat von Interlaken öffentlich kommentiere, seien auch gewisse Übertreibungen möglich, aber alles habe seine Grenzen. Mit ihrem Urteil folgte Schaer weitgehend der Staatsanwaltschaft.

Für Klägeranwalt Gibor ist das Urteil ein Zwischenerfolg. Er strebt bekanntlich eine neue Abstimmung über die Zuwanderungsinitiative an, weil das knappe Resultat von Februar 2014 durch das «Schlitzer»-Inserat verfälscht worden sei. Eine Abstimmungsbeschwerde beim Bundesgericht ist hängig.

Kritik der SVP

Die SVP liess am Donnerstag offen, ob sie das Urteil weiterziehen wird. Für sie ist klar, dass es sich um ein «politisches Urteil» handelt. Einmal mehr sei die Rassismus-Strafnorm missbraucht worden, um missliebige Meinungen zu unterdrücken.

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