Trotz des vereinbarten Truppenrückzugs gehen die Kämpfe in Syrien mit aller Brutalität weiter. Die syrische Regierung begann nach eigener Darstellung zwar damit, Verbände aus einigen Kampfgebieten zurückzuholen. Regimegegner meldeten allerdings neue Angriffe.
„Artilleriebeschuss ist in der ganzen Provinz Hama zu hören. Auch Homs steht weiter unter Beschuss“, sagte der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London, Rami Abdel Rahman. Vor Ort habe sich nichts geändert. „Das Regime hat den UNO-Plan einfach missachtet, was keine Überraschung ist“, betonte Rahman.
Die 48-Stunden-Frist für die Umsetzung der Waffenruhe hatte am Dienstag um 06.00 Uhr (05.00 Uhr MESZ) begonnen. Beide Seiten müssen die Kämpfe nach dem vom UNO-Sicherheitsrat abgesegneten Plan eigentlich bis zum Donnerstag 06.00 Uhr Ortszeit eingestellt haben. Bereits am Dienstag war der Einsatz schwerer Waffen untersagt, zudem hätte der Truppenabzug aus den Städten beendet sein müssen.
Dem Vorschlag des Sondergesandten von UNO und Arabischer Liga, Kofi Annan, hatten das Regime unter Präsident Baschar al-Assad und die Opposition zugestimmt. Frankreich bestritt am Dienstag, dass der Plan von der Regierung in Damaskus umgesetzt werde.
Ein Sprecher des französischen Aussenministeriums bezeichnete die syrischen Angaben über einen Rückzug als „krasse und unannehmbare Lüge“. Frankreich werde das beim Aussenministertreffen der acht grossen Industriestaaten (G-8) am Mittwoch und Donnerstag in Washington sowie im UNO-Sicherheitsrat zur Sprache bringen.
Annan spricht von „Eskalation“
Der britische Aussenminister William Hague sagte, es gebe bislang keine Anzeichen, dass Damaskus sich an den Annan-Plan halte. Er warf dem Regime vor, die Frist bis zur Waffenruhe als Deckmantel für ein weiteres Vorgehen gegen die Opposition zu benutzen.
Sogar Russland äusserte Kritik an seinem Verbündeten. „Die syrische Regierung hätte bei der Umsetzung von Annans Friedensplans „aktiver und entschlossener sein können“, sagte der russische Aussenminister Sergej Lawrow. Der internationale Sondergesandte Annan forderte die Konfliktparteien zur Einstellung der Kämpfe auf.