Syrische Rebellen erobern offenbar Versorgungsroute Richtung Türkei

Im Kampf um die nordsyrische Millionenmetropole Aleppo haben Rebellen nach eigenen Angaben erstmals eine direkte Strassenverbindung zur benachbarten Türkei eingenommen. Die Aufständischen eroberten eine strategische Anhöhe im Nordwesten von Aleppo.

Syrische Rebellen auf Patrouille am Rande der umkämpften Industriemetropole Aleppo (Bild: sda)

Im Kampf um die nordsyrische Millionenmetropole Aleppo haben Rebellen nach eigenen Angaben erstmals eine direkte Strassenverbindung zur benachbarten Türkei eingenommen. Die Aufständischen eroberten eine strategische Anhöhe im Nordwesten von Aleppo.

Dort hatte sich bisher ein Kontrollpunkt der Regimetruppen befunden. Der Posten fiel nach rund zehnstündigem Kampf am Montagmorgen an die Aufständischen, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Der Posten Anadan liegt etwa fünf Kilometer nordwestlich von Aleppo und rund 45 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Über die Route Richtung Türkei könnten nun Kämpfer und Nachschub transportiert werden, sagte der örtliche Rebellenkommandant Abu Omar al-Halebi am Montag der Nachrichtenagentur dpa.

Die türkische Armee verstärkte ihrerseits weiter ihre Präsenz in Grenznähe. Es seien mehr Panzer und Raketen sowie Soldaten in die Provinzen Kilis und Hatay entsandt worden, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu.

Viele auf der Flucht

Syrische Regierungstruppen griffen den dritten Tag in Folge Stellungen der Aufständischen in Aleppo an. Die Stadtbezirke Salaheddin und Al-Sukkari wurden bombardiert, in Salaheddin, Al-Issa und Athamija tobten darüber hinaus heftige Bodenkämpfe, wie die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte.

Die schwersten Kämpfe seit Beginn der Proteste lösten eine massive Flüchtlingswelle aus. Rund 200’000 Menschen sind nach Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) und des syrischen Roten Halbmondes in den vergangenen zwei Tagen aus Aleppo geflohen.

In der Metropole mit Vororten lebten vor Ausbruch der Kämpfe schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen. Viele Einwohner dürften in der umkämpften Stadt festsitzen.

Niemand wisse, wie viele Menschen an Orten gefangen seien, an denen weitergekämpft werde, erklärte die UNO-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos am Sonntag (Ortszeit) in New York. Sie forderte die Truppen des Assad-Regimes und die Aufständischen auf, Zivilisten zu verschonen und Helfern sicheren Zugang zu gewähren.

Informationen widersprechen sich

Über erste mögliche Erfolge der Regimetruppen im südwestlichen Stadtbezirk Salaheddin kursierten widersprüchliche Berichte. „Salaheddin wurde vollständig zurückgewonnen“, zitierte das staatliche syrische Fernsehen einen hochrangigen Militär. In wenigen Tagen werde Aleppo wieder in der Hand des Regimes sein.

Die Aufständischen stritten diese Darstellung ab. Die Regimetruppen hätten erneut versucht, Salaheddin mit Panzern anzugreifen, seien aber zurückgeschlagen worden, sagte der Rebellenkommandant Al-Halebi.

Das Militär von Präsident Baschar al-Assad hatte am Samstag eine Grossoffensive gegen die Stellungen der Aufständischen in Aleppo gestartet. Die Kontrolle über die Handels- und Geschäftsmetropole gilt als entscheidend für die Erfolgsaussichten der Revolte gegen das Assad-Regime, die seit 16 Monaten anhält.

Aktivisten in Aleppo teilten mit, dass bei den Kämpfen am Montag mindestens zehn Regierungssoldaten getötet wurden. In anderen Landesteilen wurden nach Darstellung der Menschenrechtsbeobachter in London mindestens fünf Menschen getötet. Am Sonntag waren nach diesen Informationen in ganz Syrien 150 Menschen getötet worden, unter ihnen 45 Soldaten.

Derweil geht der personelle Aderlass für das Regime weiter. Zwölf Offiziere, darunter ein Brigadegeneral, sollen in die Türkei geflohen sein. Auch der seit Mai amtierende Geschäftsträger der syrischen Botschaft in London, Chalid al-Ajubi, wandte sich nach Angaben des britischen Aussenministeriums von Damaskus ab.

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