Knapp drei Wochen vor der Parlamentswahl in Griechenland ist das Gespenst des Euro-Austritts («Grexit») zurückgekehrt. Nach Berichten, Berlin halte einen Austritt für verkraftbar, warnte Frankreichs Präsident Hollande, alles hänge von der Entscheidung der Griechen ab.
Der Chef der griechischen Linkspartei Syriza, Alexis Tsipras, bezeichnete die Debatte über einen Euro-Austritt des Landes als Schreckgespenst. Seine künftige Regierung werde hart mit den Geldgebern für eine Lockerung der Sparmassnahmen und einen Schuldenschnitt verhandeln, sagte der Oppositionsführer. Die Griechen könnten keine Sozialkürzungen mehr ertragen.
Der konservative Regierungschef Antonis Samaras warnt die Griechen immer wieder davor, ohne die Einhaltung des Reformprogramms werde Griechenland nicht aus der Rezession heraus kommen und nie an die Finanzmärkte gehen können. Seiner Meinung nach wird sein Hauptkontrahent Tsipras das Land zum Austritt aus der Eurozone führen.
Politiker drohen mit Einstellung der finanziellen Unterstützung
Ähnliche Töne sind auch aus Deutschland zu hören. Am deutlichsten brachte der deutsche Politiker und EU-Parlamentarier Elmar Brok die Botschaft auf den Punkt: Wenn am 25. Januar die linkspopulistische Syriza eine Mehrheit erhalte und wie angekündigt den Spar- und Reformkurs abbreche, «dann wird es keine weitere Unterstützung geben», sagte er im ZDF-«Morgenmagazin». «Das muss völlig klar sein.»
Nach den Reformen in der Eurozone in den vergangenen drei Jahren sei der Euro nicht länger gefährdet, wohl aber Griechenland selbst. Bei einem Ausstieg käme es zu einer «dramatischen Verarmung» der dortigen Bevölkerung.
Syriza hingegen wehrt sich gegen entsprechende Drohungen. «Wir werden uns keinem Druck oder einer Erpressung beugen», sagte der Syriza-Abgeordnete Dimitris Stratoulis der «Berliner Zeitung». «Wir werden die Troika aus Griechenland und auch aus Europa verjagen.»
Unsicherheit belastet Euro
Die deutsche Bundesregierung bestritt am Montag, ihre Haltung zu einem Austritt Griechenlands aus dem Euro grundsätzlich geändert zu haben. Der «Spiegel» hatte zuvor aus Regierungskreisen berichtet, Berlin halte nicht mehr um jeden Preis an einem Verbleib des hoch verschuldeten Landes in der Eurozone fest.
Ziel bleibe die Stärkung der Eurozone «inklusive Griechenland», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Gleichwohl belastet die Rückkehr der Unsicherheit zunehmend den Euro, er sank am Montag an asiatischen Börsen zwischenzeitlich auf seinen tiefsten Wert gegenüber dem Dollar seit fast neun Jahren.
Die EU-Kommission bemühte sich um eine Beruhigung der Lage. Eine Mitgliedschaft in der Währungsunion könne gar nicht entzogen werden, sagte eine Sprecherin: «Die Euro-Mitgliedschaft ist unwiderruflich.» Entsprechend ist es im Vertrag von Lissabon festgehalten.
Freiwilliger Austritt nicht auszuschliessen
Nicht auszuschliessen wäre indes, dass sich Athen und die übrigen Mitglieder auf einen freiwilligen «Grexit» einigen. Dazu könnte es kommen, wenn Griechenland ohne neue Notkredite als einziger Ausweg die Rückkehr zur Drachme bliebe.
Der französische Präsident Hollande sagte am Montag: «Die Griechen entscheiden frei über ihr Schicksal» – und damit über einen Verbleib im Euro. Zugleich erinnerte er an «bestimmte Verpflichtungen, und all diese müssen natürlich respektiert werden».
Ob Paris und Berlin in der «Grexit»-Frage auf einer Linie sind, kann sich am kommenden Sonntag zeigen. Dann treffen sich Hollande und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel in Strassburg, um «über die Zukunft Europas» zu reden, wie Hollande am Montag verkündete.