Die Uhrenindustrie soll sich mit eigenen Smartwatches gegen die Konkurrenz von Apple wehren, fordert Jean-Claude Biver, Uhrenchef des Luxusgüterkonzerns LVMH. Er warnt die Industrie davor, Apple zu wenig Ernst zu nehmen.
Mit der zu LVMH-gehörenden Schweizer Luxusuhrenmarke Tag Heuer hat Biver bereits eine eigene Smartwatch lanciert. «Ich verteidige das Eintrittspreis-Segment. Das war der erste Grund für eine Smartwatch. Reine Verteidigung», sagt Biver im Interview mit der «Schweiz am Sonntag». Den Markt der Smartwatches hatte Apple im April mit seiner Watch befeuert – und forderte damit die traditionsreiche klassische Uhrenindustrie heraus.
Bei den Uhrenmodellen, die zu Einstiegspreisen von 1200 Franken verkauft werden, hätte Apple Tag Heuer laut Biver gefährlich werden können. Nun müsse er Apple nicht mehr fürchten. Ihm mache es auch keine Angst, mit seiner Strategie in der Schweizer Uhrenbranche recht allein dazustehen, so der LVMH-Uhrenchef.
«Aber um die Schweizer Uhrenindustrie mache ich mir schon ein wenig Sorgen», sagt Biver. Wenn Schweizer Marken, die Uhren für 300 bis 2000 Franken verkaufen, keine Antwort hätten auf die Apple Watch, würden sie angegriffen. «Und sie werden bestimmt Marktanteile verlieren. Das wäre für die Industrie als Ganzes nicht gut.»
Zwar räumt Biver ein, er könne auch unrecht haben und der Spuk in zwei, drei Jahren vorbei sein. «Aber das weiss niemand. Also wäre es besser, man würde sich schützen.» Er wisse aber nicht, ob sich die Uhrenindustrie für den Angriff vorbereite.
«Apple Watch setzt quasi den Standard»
Einige Schweizer Uhrenhersteller haben dieses Jahr bereits Entwürfe für intelligente Uhren vorgelegt. Branchenführer Swatch hat bereits eine Smartwatch im Angebot – diese hat aber weniger Funktionen als die Produkte vieler Konkurrenten.
Der Konzern hat sich bewusst gegen Armbanduhren mit zahlreichen Computerfunktionen wie etwa einer Verbindung zum Internet entschieden. Biver hingegen hält von solchen Uhren, die nur ein Teil der Funktionen der Apple Watch bieten, nicht viel. Apple gebe vor, welche Funktionen man haben müsse und setze quasi den Standard, sagt er.
Mit der eigenen Smartwatch will sich Tag Heuer vor allem auf die USA konzentrieren, wie Biver weiter ausführt. Zurzeit gingen pro Stunde etwa zehn Uhren über den Ladentisch.