Nach dem Amoklauf eines US-Soldaten in Afghanistan haben die Taliban mit Vergeltung gedroht. Sie würden sich für „jeden einzelnen Märtyrer bei den Eindringlingen und grausamen Mördern rächen“, drohten die radikalislamischen Aufständischen am Montag auf ihrer Internetseite an.
Am Sonntagmorgen hatte ein US-Soldat in der südafghanischen Provinz Kandahar ein Massaker unter Dorfbewohnern angerichtet. Im Morgengrauen verliess er seinen Stützpunkt, brach in die Häuser der Menschen ein und tötete wahllos 16 Männer, Frauen und Kinder.
Der Mann wurde festgenommen, nach US-Angaben hatte er psychische Probleme. US-Präsident Barack Obama zeigte sich im Telefongespräch mit seinem afghanischen Kollegen Hamid Karsai zutiefst bestürzt und versprach eine rasche Untersuchung des Vorfalls.
Das afghanische Parlament verurteilte das Massaker. Das afghanische Volk verliere angesichts des „willkürlichen Vorgehens der ausländischen Truppen“ die Geduld, erklärte das Abgeordnetenhaus am Montag.
Merkel besucht Afghanistan
Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel reiste am Montag zu einem unangekündigten Kurzbesuch nach Afghanistan. Vom deutschen Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif aus übermittelte Merkel dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai telefonisch ihr persönliches Beileid und das der deutschen Bevölkerung für das Blutbad.
Die Kanzlerin sprach von einer „schrecklichen Tat“ des Soldaten. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert versicherte Merkel, die NATO-geführte Afghanistan-Truppe ISAF werde alles zur Aufklärung des Vorfalls unternehmen.
Probleme bei Afghanistan-Abzug
Merkel wies während ihrem Afghanistan-Besuch auf Probleme bei dem angestrebten Abzugsprozess der Bundeswehr bis 2014 hin. Zwar fänden Gespräche im innerafghanischen Versöhnungsprozess mit den radikalislamischen Taliban statt. Diese hätten aber noch keine ausreichenden Fortschritte gemacht, sagte Merkel.
„Und deshalb kann ich auch noch nicht sagen, schaffen wir das bis 2013/2014“, fügte sie hinzu. Die Kanzlerin stelle damit den Abzugsplan aber nicht in Frage, wurde jedoch in deutschen Regierungskreisen betont.
Afghanistan-Pakt könnte sich verzögern
Nach Einschätzung der Regierung in Kabul könnte die Bluttat auch negative Auswirkungen auf das geplante Abkommen über eine strategische Partnerschaft zwischen Afghanistan und den USA haben. Die Unterzeichnung des Abkommens könnte sich verzögern, sagte ein Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters am Montag.
Über das Abkommen wird seit mehr als einem Jahr verhandelt. Es soll die Rahmenbedingungen für eine weitere Präsenz der USA in Afghanistan auch nach dem geplanten Abzug der Kampftruppen 2014 schaffen.