Taskforce soll Schwachstellen der EU-Flüchtlingspolitik angehen

Nach dem Bootsunglück in Lampedusa mit gegen 300 Toten haben die 28 EU-Innenminister am Dienstag in Luxemburg beschlossen, eine Task Force ins Leben zu rufen. Die Expertengruppe soll so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström (Archivbild) (Bild: sda)

Nach dem Bootsunglück in Lampedusa mit gegen 300 Toten haben die 28 EU-Innenminister am Dienstag in Luxemburg beschlossen, eine Task Force ins Leben zu rufen. Die Expertengruppe soll so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen.

Es gehe darum, kurzfristige, mittelfristige und auch langfristige Massnahmen zu treffen, sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malström nach dem Treffen der EU-Innenminister. An der Task Force werden die EU, die EU-Mitgliedstaaten und die verschiedenen für die Sicherheit zuständigen EU-Agenturen beteiligt sein.

Konkret ist auf Vorschlag der EU-Kommission die Ausweitung des Operationsfelds der Grenzschutzagentur Frontex im gesamten Mittelmeer von Zypern bis Spanien vorgesehen. Die EU-Mitgliedstaaten seien sich einig, dass Frontex in einer besseren Weise eingesetzt werden müsse, sagte Malmström. Zum Zeitplan und zu den Kosten der Ausweitung konnte die Schwedin keine Angaben machen. «Wir hatten eben erst diese Idee dazu.»

Ausserdem soll eine Zusammenarbeit mit Transitländern wie etwa Tunesien – via diese die Flüchtlinge nach Europa gelangen – angestrebt werden. «Bei Libyen ist dies zurzeit jedoch schwierig», räumte Malström ein.

Aber auch die afrikanischen Staaten, aus denen die Flüchtlinge stammen, müssen laut Malström einbezogen werden. Ausserdem sagte die EU-Kommissarin den «schrecklichen Schleppernetzwerken» den Kampf an.

Keine Neuausrichtung der EU-Flüchtlingspolitik

Malström und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso werden am Mittwoch selbst nach Lampedusa reisen. Sie werden vor Ort der Opfer gedenken und den Menschen in Lampedusa ihre Unterstützung und die Solidarität Europas aussprechen.

Italiens Innenminister Angelino Alfano gab sich nach dem Treffen zufrieden. Er hatte in Luxemburg mehr Unterstützung durch die EU-Partner bei der Kontrolle der Grenzen gefordert.

Europa stehe dabei in der Verantwortung, weil die italienische Grenze zugleich eine Aussengrenze der EU sei. «Wir verlangen, dass Europa nun eine starke Hand reicht, um Menschenleben zu retten.» Italien hatte ausserdem gefordert, dass Europa sich finanziell solidarisch zeigen soll. Dies wurde Alfano denn auch in Aussicht gestellt.

Eine Neuausrichtung der EU-Flüchtlingspolitik findet hingegen nicht statt. Dies hatte sich jedoch bereits im Vorfeld des Treffens abgezeichnet, dass sich die Innenminister nicht auf eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge einigen können. Die sogenannten Dublin II-Regelung sieht vor, dass jenes Land, in dem ein Flüchtling die EU erreicht, für das Asylverfahren und die Unterbringung verantwortlich ist.

Länder wie Italien, Griechenland und Spanien fühlen sich von dem Flüchtlingsandrang aus Afrika über das Mittelmeer seit Jahren überfordert. Mit der Tragödie von Lampedusa ist die Debatte wieder neu aufgeflammt.

Fünf-Massnahmen-Katalog gegen Armutsmigration

Auf der Traktandenliste der EU-Innenminister stand ausserdem auch die innereuropäische Armutsmigration. Die Debatte ins Rollen gebracht hatte ein im April an die EU-Kommission gerichteter Brief Deutschlands, Österreichs, den Niederlanden und Grossbritanniens. Die vier EU-Staaten fürchten um ihre Sozialsysteme.

«Es kann nicht sein, dass Freizügigkeit so missbraucht wird, dass man ein Land nur deswegen wechselt, weil man höhere Sozialhilfe haben möchte», hatte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich vor einem Treffen kritisiert. Viele deutsche Grossstädte hätten ein Problem mit der Zuwanderung, sagte er mit Blick auf Roma aus Rumänien und Bulgarien. Europa müsse handeln, verlangte er.

EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström bezeichnete am Innenministertreffen die meisten Sorgen über Sozialmissbrauch als «hochübertrieben». Auch für EU-Justizkommissarin Vivian Reding ist dies kaum ein Problem. Die EU-Justizkommissarin machte denn auch unmissverständlich klar: «Die Freizügigkeit steht nicht zur Diskussion.»

Trotz allem sei sie sich bewusst, dass einige Staaten sich sorgten, sagte Reding weiter. Aus diesem Grund präsentierte die EU-Kommissarin den Ministern einen Katalog mit fünf Massnahmen – darunter etwa der verstärkte Kampf gegen Zweckehen oder der gezielte Einsatz von Gelder aus dem EU-Sozialfonds.

Ende Jahr soll ein Bericht der EU-Kommission zur Armutsmigration vorliegen.

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