Vor einer befürchteten Offensive der ukrainischen Armee gegen prorussische Separatisten sind am Samstag tausende Menschen aus der Stadt Donezk geflohen. Die Aufständischen Rebellen bereiten sich auf einen Kampf um die Millionenmetropole vor.
Mehr als 70’000 der etwa 900’000 Einwohner von Donezk hätten bereits die Flucht ergriffen, sagte der selbsternannte Regierungschef der von den Aufständischen als Volksrepublik Donezk bezeichneten Metropole, Alexander Borodaj. Überprüfen liess sich die Zahl nicht, allerdings herrschte auf den Strassen reger Verkehr und auf dem Bahnhof grosser Andrang.
Ein Kämpfer der Separatisten an einer Strassensperre etwa 20 Kilometer östlich von Donezk sagte, etwa in jedem fünften Auto, das die Kontrollstelle passiere, sässen Flüchtlinge. Am Bahnhof bildeten sich vor den Fahrkartenschaltern lange Menschenschlangen.
Viele Passagiere versuchten, Tickets für Züge nach Russland zu kaufen, wie ein Vertreter der Bahngesellschaft sagte. Sämtliche Züge seien seit Freitag bei Abfahrt voll besetzt, was allerdings auch an manchen anderen Tagen nicht ungewöhnlich sei.
Die ukrainische Armee versucht seit der Einnahme der Rebellenhochburg Slawjansk am Samstag vergangener Woche auch die strategisch bedeutsamen Grossstädte Donezk und Lugansk einzukesseln, um die Aufständischen von dort zu vertreiben.
Am Freitagmorgen wurden bei einem Raketenangriff bei Lugansk 19 Soldaten getötet. Dies war einer der schwersten Verluste der Regierungstruppen seit dem Beginn des Konflikts. Präsident Petro Poroschenko drohte den Separatisten daraufhin mit Vergeltung.
Neue Luftangriffe
Bei neuen schweren Luftangriffen in der Ostukraine töteten Streitkräfte im Raum Donezk nach eigenen Angaben Hunderte Separatisten allein in der Stadt Dserschinsk. Die prorussischen Aufständischen wiesen die Zahlen als nicht zutreffend zurück.
In Dserschinsk – nahe der Grossstadt Donezk – gebe es keine solche Zahl an Kämpfern, betonte ein Separatisten-Sprecher laut der Agentur Interfax am Samstag. Die Separatisten bestätigten allerdings den massiven Beschuss mit Raketen.
Der Sprecher der von Kiew geführten «Anti-Terror-Operation», Wladislaw Selesnjow, teilte mit, dass bei den Luftschlägen in den Regionen Donezk und Lugansk rund 1000 Separatisten getötet worden seien, davon allein 500 in Dserschinsk. Dabei seien auch Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sowie Waffentechnik zerstört worden.
«Solch eine Todeszahl entspricht natürlich nicht der Wirklichkeit», sagte Andrej Purgin, der selbst ernannte Vize-Regierungschef der nicht anerkannten «Volksrepublik» Donezk.
Er berichtete zudem von Artilleriebeschuss durch Regierungstruppen im Donezker Vorort Marinowka. Dort seien etwa 20 Zivilisten ums Leben gekommen. Die Zerstörungen seien gross. Die Kämpfe in der Ostukraine dauern bereits seit Mitte April an.