Die tschechische Filmregisseurin Vera Chytilová ist mit 85 Jahren gestorben. Mit dem experimentellen Spielfilm «Tausendschönchen» wurde sie über ihre Heimat hinaus bekannt.
Chytilová starb am Mittwoch in Prag, wie die Nachrichtenagentur CTK unter Berufung auf ihre Familie berichtete. Sie war eine Pionierin der sogenannten tschechoslowakischen Neuen Welle der 1960er Jahre. Mit anderen Protagonisten dieser Erneuerungsbewegung des Kinos wie dem zweifachen Oscar-Preisträger Milos Forman studierte sie an der Prager Filmhochschule FAMU.
Bekannt wurde Chytilová über ihre Heimat hinaus mit dem experimentellen Spielfilm «Tausendschönchen» («Sedmikrasky») von 1966.
Die surrealistische Komödie über zwei anarchistische Mädchen wurde vom kommunistischen Regime in der Tschechoslowakei umgehend verboten. Als der Film 1967 doch veröffentlicht wurde, gewann er den Grand Prix des Filmfestivals von Bergamo. Chytilová erhielt ein mehrjähriges Arbeitsverbot. Der Film erschien erst 2012 in einer deutschen Fassung.
Einsatz für den Feminismus
Chytilová war verheiratet mit dem 1991 gestorbenen Filmemacher Jaroslav Kucera. Kritiker bescheinigten ihr ein intellektuell-humorvolles Schaffen und würdigten ihren Einsatz für den Feminismus, eine Kategorisierung, die sie selbst ablehnte. Nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen im Zuge des Prager Frühlings blieb Chytilová in der Tschechoslowakei, während Kollegen wie Milos Forman und Ivan Passer emigrierten.
Die Regisseurin war am 2. Februar 1929 in Ostrava zur Welt gekommen. Sie studierte zunächst zwei Jahre lang Philosophie und Architektur in Brno (Brünn), dann von 1957 bis 1962 an der Filmhochschule in Prag. Vor und teilweise auch neben ihrer Arbeit als Regisseurin arbeitete sie als Fotomodel, technische Zeichnerin, Schriftstellerin, Schauspielerin und Regieassistentin.
Zahlreiche Preise
Für ihre Filme wurde Chytilová mit mehreren Preisen bedacht. Dazu zählen eine Trophäe für den besten Dokumentarfilm bei den tschechischen Critics Awards 2001 und eine Auszeichnung beim Filmfestival in Venedig im Jahre 1998. Für die Low-Budget-Produktion «Ein bisschen schwanger» (1977) gewann sie einen Preis beim Chicago Film Festival.
Unter anderem waren Werke Chytilovás auch für Preise bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin 1987 und dem Filmfestival von Cannes 1970 nominiert.