Baustoffzulieferer Sika hat im Abwehrkampf gegen die Übernahme durch den französischen Konkurrenten Saint-Gobain einen Teilsieg errungen. Gemäss Kantonsgericht Zug muss Sika keine ausserordentliche Generalversammlung abhalten. Die Stimmrechtsbeschränkung bleibt offen.
Das Zuger Kantonsgericht lehnte einen Antrag der Schenker Winkler Holding (SWH) ab, wie Sika am Dienstag mitteilte. Die Holding gehört den Erben der Gründerfamilie Burkard. Gemäss dem Gericht mache es keinen Sinn, so kurz vor der ordentlichen Generalversammlung noch eine ausserordentliche abzuhalten. Auch eine besondere Dringlichkeit bestehe nicht.
Die SWH hielt in einem Communiqué fest, das Gericht sehe zwar keine Dringlichkeit für eine ausserordentlichen Generalversammlung. Das Recht der Holding, mit ihrem Kapitalanteil von über 10 Prozent eine solche Versammlung einzuberufen, sei aber unbestritten geblieben.
Stimmrechtsfrage nicht geklärt
Über die vom Sika-Verwaltungsrat beschlossene Stimmrechtsbeschränkung der Erben-Holding auf 5 Prozent und damit über Ausserkraftsetzung der Opting-Out-Klausel urteilte das Kantonsgericht noch nicht.
Die Opting-out-Klausel der SWH kommt gemäss dem Aufsichtsgremium nicht zum Tragen, weil die Holding zusammen mit dem Käufer Saint-Gobain eine Stimmrechtsgruppe bildet.
Zudem verletze die Anrufung der Klausel den von den Familienerben geschaffenen Vertrauenstatbestand. Darüber hinaus missachte der Verkauf die in den Statuten zum Schutz der Publikumsaktionäre verankerten Schranken.
Die Schenker Winkler Holding ging am Dienstag davon aus, dass das Gericht die Frage noch vor Ende März klärt. Ein Weiterzug des Richterspruchs ist möglich.
Saint-Gobain müsste bei einer Stimmrechtsbeschränkung für die Übernahme allen Aktionären ein Angebot machen und könnte sich nicht mit dem Kauf von 16,4 Prozent Kapitalanteil der Erbenfamilie 52,6 Prozent der Stimmrechte sichern.
Showdown Mitte April
Die Sika-Generalversammlung soll am 14. April stattfinden. Dabei will sich der gesamte Verwaltungsrat wiederwählen lassen. Sollte das nur teilweise geschehen, würden die unabhängigen Verwaltungsräte ihre Wahl nicht annehmen.
Die Erbenholding ihrerseits will den Präsidenten Paul Hälg sowie Monika Ribar und Daniel Sauter aus dem Verwaltungsrat abwählen lassen. Das soll den Widerstand gegen die Übernahme durch Saint-Gobain brechen.
Als neuen Präsidenten schlägt die Holding Max Roesle, als Verwaltungsrat Chris Tanner vor. Der zog sich aber schon Ende Dezember zurück.
Ausser beim hängigen Gerichtsentscheid geht es auch an der Generalversammlung um die Stimmrechtsbeschränkung. Die Anlagestiftung Ethos und weitere Minderheitsaktionäre wollen mittels eines Antrags Opting-Out-Klausel der Gründerfamillie aus den Statuten kippen.
Das Anlagevehikel von Microsoft-Gründer Bill Gates stellte bei der Übernahmekommission (UEK) ein Begehren zur Aufhebung der Opting-Out-Klausel.
Die Kommission hatte bereits festgehalten, dass die Klausel eigentlich rechtens ist. Im konkreten Fall liess sie aber offen, ob die Bestimmung in den Statuten auch beim Verkauf der Aktien der SWH an Saint-Gobain angewendet werden darf.
Die Erbenfamilie Burkard hatte Anfang Dezember angekündigt, sie verkaufe ihre Anteile an Sika für 2,75 Milliarden Fr. an Saint-Gobain. Die Sika-Führung spricht von einer feindlichen und strategisch unsinnigen Transaktion.
Sika kauft unbeirrt weiter zu
Vom Hickhack mit den Erben unbeirrt setzt Sika seine Expansionsstrategie fort. Nach etlichen Zukäufen in der letzten Zeit gab das Unternehmen am Dienstag die Übernahme des französischen Harzherstellers Axson Technologies bekannt.
Sika expandiert damit in den Gebieten Werkzeugbau und Verbundwerkstoffe. Neben der Expansion bringt der Zukauf Sika eine Ergänzung seiner Angebotspalette, weil bei den Schweizern ebenso wie bei den Franzosen Polyurethan und Epoxid wichtige Stoffe sind.
Die Kaufabsicht hatte Sika bereits im Januar bekanntgegeben. Unterdessen traf die Zustimmung der Kartellbehörde und der Personalvertretung ein. Der Kaufpreis liegt nach Sika-Praxis auf der Höhe eines Jahresumsatzes, wie Sprecher Dominik Slappnig auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Im konkreten Fall wären das demnach 75 Millionen Franken. Die 365 Arbeitsplätze bleiben erhalten.