Im Kampf gegen Lohndumping und Arbeitslosigkeit hat der Tessiner Staatsrat eine Reihe von Massnahmen zusammengestellt. Ziel ist es, den Arbeitsmarkt stärker vor negativen Einflüssen durch wachsende Grenzgängerzahlen zu schützen. Die Studie wurde am Donnerstag den Medien präsentiert.
Die Vorschläge, die alle Departements betreffen, reichen von stärkeren Polizeikontrollen auf Baustellen bis hin zu Quellenbesteuerung von selbstständigen Arbeitern aus Italien und fallen sowohl in den Zuständigkeitsbereich des Kantons als auch in den des Bundes. Viele der Themen wurden bereits auf politischer Ebene angestossen, nicht alle sind umsetzbar.
«Grund für die Erarbeitung der Studie ist die zunehmende Besorgnis in der Tessiner Bevölkerung über die italienische Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt», sagte Staatsratspräsident Paolo Beltraminelli. Die Zahl der Grenzgänger sei seit 1999 bis heute von etwa 26’500 auf fast 60’000 gestiegen.
Zwar sei auch die Zahl aller Beschäftigten gestiegen – von 188’000 (2002) auf 220’000 (2012). Doch liege gleichzeitig die Arbeitslosenquote im Tessin mit Werten zwischen 3,5 und 4,9 Prozent immer deutlich über dem Schweizer Mittel. Vor allem im Dienstleistungssektor habe der Anteil der Grenzgänger deutlich zugenommen.
Entsandte Arbeiter
Ein Auge habe der Kanton vor allem die wachsenden Zahlen der entsandten und selbstständigen Arbeiter aus Italien. Rund 21’000 Personen hätten im Jahr 2012 Aktivitäten für 670’000 Stunden gemeldet. Das ersetze 1,8 Prozent an Arbeitsplätzen, hiess es. Ein Effekt, der sich vor allem auf die Handwerksbranche konzentriere.
Die vorgeschlagenen Massnahmen sollen unter anderem verhindern, dass Selbstständige aus Italien durch Steuerschlupflöcher und Tricks bei bei den Sozialabgaben einen Wettbewerbsvorteil haben könnten. Der Kanton will beispielsweise eine strengere Meldepflicht inklusive Gebühren erreichen, auch bei Tätigkeiten unter 90 Tagen.
Diese Massnahme müsse auf Bundesebene verfolgt werden, ebenso wie das Thema einer Erhebung der Mehrwertsteuer auch bei einem Verdienst von unter 10’000 Franken. «Wir sind froh, dass eine Motion von Ignazio Cassis, die in die ähnliche Richtung geht, inzwischen von National- und Ständerat angenommen wurde», sagte Finanzdirektorin Laura Sadis.
Zusammenarbeit mit italienischen Nachbarregionen
Wünschenswert sei auch ein automatischer Informationsaustausch mit den italienischen Behörden um Missbräuche zu verhindern, ergänzte Sadis. Dafür gebe es aber aktuell keine Rechtsgrundlage. Als realistischer gilt dagegen gemäss Studie eine Zusammenarbeit mit den italienischen Nachbarregionen im Hinblick auf den wachsenden Grenzgängerverkehr.
Der Staatsrat appellierte am Donnerstag auch an die Eigenverantwortung der Tessiner, wenn es um die Frage gehe, Arbeiter aus dem Tessin oder Italien zu beauftragen. Auf kantonaler Ebene – hängig beim Grossen Rat – gebe es ausserdem Vorstösse, die auf eine Bevorzugung von Arbeitslosen bei Neueinstellungen abzielen.