Tessin will bei Beschaffungen Vorrang für Schweizer Betriebe

Das Tessin zieht die Daumenschrauben bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an. Das Tessiner Parlament hat am Montag ohne Gegenstimme einen Vorrang für einheimische Firmen beschlossen. Damit soll die Konkurrenz aus Italien abgewehrt werden.

Im Bauwesen sollen nun alle Aufträge der öffentlichen Hand bis zu einem Wert von 8,7 Millionen Franken nur noch an Betriebe mit Sitz in der Schweiz vergeben werden. So wollen es die Tessiner Regierung und das Parlament. (Symbolbild) (Bild: sda)

Das Tessin zieht die Daumenschrauben bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an. Das Tessiner Parlament hat am Montag ohne Gegenstimme einen Vorrang für einheimische Firmen beschlossen. Damit soll die Konkurrenz aus Italien abgewehrt werden.

Im Bauwesen sollen nun alle Aufträge der öffentlichen Hand bis zu einem Wert von 8,7 Millionen Franken nur noch an Betriebe mit Sitz in der Schweiz vergeben werden. Für Warenlieferungen und Dienstleistungen liegt dieser Höchstbetrag bei 350’000 Franken.

Laut der Kantonsregierung entfallen 90 Prozent aller öffentlichen Aufträge in diese Bereiche. Die wirtschaftliche Bedeutung der öffentlichen Aufträge sei gross, sagte der Tessiner Staatsrat Claudio Zali (Lega) am Montag während der Parlamentsdebatte. Jährlich würden Aufträge in der Höhe von 940 Millionen Franken vergeben.

Aus Zalis Feder war die entsprechende Regierungsbotschaft vor über zwei Jahren gekommen. «Wir wollen die Konkurrenz aus Italien abwehren», sagte der Vorsteher des Verkehrs- und Umweltdepartements. Diese bediene sich teilweise unlauterer Mittel. Die Gesetze auf Bundesebene und die bilateralen Verträge würden durch die neue Regelung respektiert, so Zali.

Verstoss gegen Gebot der Gleichbehandlung

Anders beurteilt der Bundesrat ein «Inländervorrang» in diesem Bereich. Dieser würde eine Verletzung der staatsvertraglichen Verpflichtungen und des Nichtdiskriminierungsgebotes bedeuten, hielt er Ende 2014 in einer Antwort auf eine Interpellation der Tessiner Nationalrätin Roberta Pantani (Lega) fest.

Ein Zuschlagskriterium verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung aller in- und ausländischen Anbieterinnen, schrieb der Bundesrat weiter. Auf Bundesebene besteht aus seiner Sicht das Problem ohnehin nicht: 2012 und 2013 seien 90 Prozent aller Beschaffungszahlungen an einheimische Formen geflossen.

Mentalitätswechsel gefordert

Die vorberatende Kommission des Tessiner Grossen Rates hatte sich über zwei Jahre über das Geschäft des öffentlichen Vergabewesens gebeugt. Sie konnte sich in der Schlussabstimmung mit einem Paragraphen der «sozialen Verantwortung» für Unternehmen durchsetzen.

Statt «Zuerst die Unseren (Prima i nostri)» heisst es im Vergabewesen nun «Zuerst die Besten». Es sollen jene Firmen Aufträge erhalten, die mit Personal vor Ort arbeiten, die beste Qualität bieten und in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter investieren. So könne ein «Mentalitätswechsel» eingeleitet werden, betonte Kommissionssprecherin Natalia Ferrara (FDP).

Der für die Umsetzung der im September 2016 angenommenen «Prima i nostri» Initiative zuständigen Kommission ging die Bevorzugung von inländischen Betrieben noch nicht weit genug: Öffentliche Aufträge sollten nur an jene Betriebe vergeben werden, welche einheimisches Personal bevorzugen. Der entsprechende Änderungsantrag von Gabriele Pinojas (SVP) wurde aber vom Parlament abgelehnt.

Scharfe Sanktionen

Unklar blieb in der Parlamentsdebatte am Montag, wie viele ausländische Betriebe bislang überhaupt öffentliche Aufträge erhielten und wie hoch die damit verbundenen Honorare waren. Eine entsprechende Anfrage der Nachrichtenagentur sda beim zuständigen Departement blieb am Montag unbeantwortet.

Klar dagegen ist, wie in Zukunft Verstösse gegen die Gesetzesänderung bestraft werden sollen. Fehlbare können bis zu fünf Jahre von jeglichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden und müssen im Extremfall Bussen von bis zu 50″000 Franken bzw. Geldstrafen in der Höhe von 20 Prozent des Ausschreibungsbetrags zahlen. Zu diesen Sanktionen kann es kommen, wenn Betriebe ihre Anschriften fälschen oder eine Scheinadresse in der Schweiz angeben.

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