The Punk Syndrome im Stadtkino

Wer eine Überdosis Justin Bieber erwischt hat, wirft als Gegenmittel «Punk Syndrom» ein. Jukka Kärkkiäinen und J.-P. Passi laden zu einer Konzertreise der besonderen Art. Wo echte Punker sich auch mal ordentlich anbrüllen. Ebenso wird auch mal eine ungewaschene Unterhose sichtbar. Es mag auch mal etwas nach Fussschweiss riechen. Die Texte enthalten einfache Welterklärungen, mit […]

Wer eine Überdosis Justin Bieber erwischt hat, wirft als Gegenmittel «Punk Syndrom» ein. Jukka Kärkkiäinen und J.-P. Passi laden zu einer Konzertreise der besonderen Art. Wo echte Punker sich auch mal ordentlich anbrüllen. Ebenso wird auch mal eine ungewaschene Unterhose sichtbar. Es mag auch mal etwas nach Fussschweiss riechen. Die Texte enthalten einfache Welterklärungen, mit zwei Ausrufezeichen pro Zeile. Ich werde überall bevormundet!! Die Welt ist ein Scheissbehindertenheim!! Ich will nicht im Heim wohnen!! Ich will einen Kaffee!!! Das kann sogar zärtlich sein.

Wer heute noch an Punkkonzerte geht, läuft leicht Gefahr, als etwas zurückgeblieben zu gelten. Ein Punk-Konzert kann hingegen eine möglicherweise gute Antwort auf den normalen  Justin-Bierber-Hipe sein. Wer je einen Gig von «Pertti Kurikas Namenstag» erlebt hat, sieht das rasch ein: Das ist die echte Anti-Justin-Bieber-Therapie.

Im Stadtkino ist die Tage eine wunderbare Ode an die Musiker mit Down-Syndrom zu sehen, die sich in Finnland dem Punk verschrieben haben.  Jukka Kärkkiäinen und J.-P. Passi laden zu einer Konzertreise der besonderen Art. Sie werden sich in diesem Film rasch beim Gedanken ertappen, dass nicht jeder zurückgeblieben sein muss, der heute noch Punk macht. Dass dies ausgerechnet in Finnland geschieht, erstaunt Insider nicht: Keine Sprache eignet sich besser für volle Wut und tiefe Verzweiflung und helle Freude, als jene nordische, voller ÄÄÄ’s und ÜÜÜ’s und scharfen T’s uns rachalen CH’s!

Die Menschen in Finnland sind ohnehin wagemutiger und geselliger und trinkfester als manche im Süden und wohnen gerne in einsamen Wäldern. Dort, wo die Band «Pertti Kurikas Namenstag» zu Hause ist und probt, gibt es aber auch langmütige Betreuerinnen. Die sorgen dafür, dass die Musiker zu ihren Gigs kommen: Das sind Toni (wohnt noch bei den Eltern), Sami (Spielt Bass und gern Boss), Kaari (Hasst Sami und die Welt und schreibt Texte), und Pertti (erfindet immer wieder Riffs, die für ihn viel zu kompliziert sind).

Sie haben ein Rezept gefunden, für die komplexe Weltlage, in der sie sich befinden zwischen Zurückgebliebenheit, Zärtlichkeit und Zorn: Alle sind sie vom Punk Syndrom befallen, eine jener heimtückischen Krankheiten, die jene befällt, die nicht so ganz normal sein wollen, oder es sogar sein müssen, um eine Welt auszuhalten, die beim Anblick von Justin Bieber ins Kreischen gerät. Diese vier Musiker mit Down-Syndrom und Drums sind ein echter Aufsteller.

 

 

Nächster Artikel