Das Basler Schulsystem ist seit Einführung der allgemeinen Schulpflicht im steten Wandel. Mit ihm verändert sich auch die Nutzung der vielen Schulhäuser immer wieder. So auch jene, des Theobald Baerwart Schulhauses. Ein historischer Rückblick.
Das Schulobligatorium wurde in Basel 1838 eingeführt. Zeitgleich wuchs die Bevölkerung um beinahe die Hälfte auf 110’000 Einwohner. Die Hoffnung auf ein besseres Leben trieb die Leute in die Stadt. «Der erfolgreiche Weg durch das Bildungssystem erschien als Schlüssel zur gesellschaftlichen Integration und zum sozialen Aufstieg», beschreibt der Historiker Charles Stirnimann die Entwicklungen von damals.
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Um all den neuen Söhnen und Töchtern der Stadt eine Perspektive zu bieten, scheute der Staat keine Mühen, das Bildungswesen um- und auszubauen. Charles Stirnimann sagt über die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts: «Die öffentliche Hand entwickelte in jenen Jahren eine Bautätigkeit zu Gunsten des Bildungswesens, deren Intensität und Grosszügigkeit wohl einmalig gewesen ist.»
Schulpaläste als Symbol für bildungspolitische Entschlossenheit
In 20 neuen Schulbauten, unter anderem auch dem Theobald Baerwart Schulhaus, entstand so Platz für 20’000 zusätzliche Kinder. Erbaut 1902 erhebt sich das ehemalige Rheinschulhaus selbstbewusst und mächtig am Rheinufer südlich der Dreirosenbrücke.
Charles Stirnimann hat sich intensiv mit der hiesigen Schulhaus-Architektur befasst. In verschiedenen Publikationen und Referaten zeigt er auf, wie sich in der Architektur gesellschaftliche Entwicklungen und bildungspolitisches Verständnis widerspiegeln. Mit seiner imposanten Architektur fügt sich das Theobald Baerwart Schulhaus ein in das Bild der übrigen Schulbauten, die während der liberalen Bildungsoffensive Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts erstellt wurden.
«Alle diese zumeist neobarock gestalteten oder im Neurenaissance-Stil gehaltenen ‹Schulpaläste› wirken trotz unterschiedlicher Grösse erstaunlich einheitlich. Mit dieser einzigartigen Serie von monumentalen Schulbauten in allen Quartieren der Stadt visualisierte der freisinnig dominierte Stadtstaat bildungspolitische Entschlossenheit und republikanisches Selbstbewusstsein: Hier sollten junge Menschen zu mündigen Staatsbürgern werden», sagt Stirnimann über diese Schulhäuser.
Theobald Baerwart: Dichter über das alte Kleinbasel
Der Namensherr des Theobald Baerwart Schulhauses wurde 1872 in Riehen geboren. Seine Kindheit und Jugend allerdings verbrachte er am Maulbeerweg, der heutigen Maulbeerstrasse. Der beliebte Mundartdichter schreibt in seinen Kindheitserinnerungen «im diefschte Glaibasel» über die Zeit der Bildungsoffensive: «Mini Buebejohr hän sich in ere Zyt abgwigglet, wo Basel – mer wän’s offe gstoh – der Gressewahn gha und gmeint het, ’s miess um’s Verworge-n-e Grossstadt gäh und my ängeri Haimet, ’s Glaibasel, isch in däre Biziehig mit guetem Bispil voragange.»
Sein beruflicher Werdegang liess zunächst wenig von seinem lyrischen Talent erkennen. Zwar begann er einst mit dem Ziel Romanautor nach dem Gymnasium am Münster ein Germanistik-Studium in Basel und Berlin, das er aber nach nur kurzer Zeit wieder abbrach und stattdessen Sekretär der Eidgenössischen Zolldirektion wurde. Als solcher wohnte er dann auch bis zu seinem Tod in Bottmingen.
Dort griff er erstmals zur Feder und begann sein Heimweh nach dem geliebten Kleinbasel in Worte zu fassen. Selbstverständlich auf Baseldytsch, denn Geschichten über das Kleinbasel auf Hochdeutsch seihen in etwa so passend wie Meringue mit Senf, liess er sich mal zitieren.
Seine Kleinbasler Jugenderinnerungen holten jene kleine Welt zurück, in der er als Bub zwischen den Langen Erlen und der Riehenstrasse, dem Bäumlihof und dem damaligen Badischen Bahnhof (am heutigen Riehenring gelegen) seine Abenteuer erlebte. Dazu gehört natürlich auch die Herbstmesse, die den Schulbub für kurze Zeit in eine andere Welt entführen konnte. So schreibt er in seinem Vers «d’Ressliryti»:
O Ressliryti, Zauberwält,
Was bietsch aim du fir wenig Gäld:
Frei vo der Schuel und ihrer Gnute
E Paradies fir drei Minute!
Die Welt der Basler Schulkinder steckt aktuell erneut in einem tiefgreifenden Wandel. Mit der Umsetzung des HarmoS-Konkordats vereinheitlicht sich nicht nur die Schulstruktur der beiden Basel, auch der Lehrplan wird angepasst, der Stichtag für die Einschulung verschoben und nicht zuletzt eine Reihe von baulichen Massnahmen umgesetzt.
So wechselt die aktuelle Nutzung des Theobald Baerwart Schulhauses von einer Primarschule, Kindergarten und der Fachhochschule (FHNW) zur Sekundarschule mit 18 Klassen. Die Primarschule und der Kindergarten zügeln stattdessen ins Dreirosen Schulhaus. Im kommenden Sommer soll die Rochade abgeschlossen werden.