Tote bei Anschlag vor Oberstem Gerichtshof in Kabul

Bei einem Selbstmordanschlag vor dem Obersten Gerichtshof Afghanistans sind in der Hauptstadt Kabul mindestens 22 Menschen getötet und 41 verletzt worden, darunter neun Frauen und zwei kleine Mädchen.

Polizei am Ort des Selbstmordanschlags in Kabul. (Bild: sda)

Bei einem Selbstmordanschlag vor dem Obersten Gerichtshof Afghanistans sind in der Hauptstadt Kabul mindestens 22 Menschen getötet und 41 verletzt worden, darunter neun Frauen und zwei kleine Mädchen.

Unter den Todesopfern seien neun Frauen, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Wahid Madschroh, am Dienstagabend (Ortszeit). Auch der Angreifer sei ums Leben gekommen. Die Trauma-Klinik der italienischen Nichtregierungsorganisation Emergency meldete, bei ihnen seien fünf Menschen in kritischer Verfassung eingeliefert worden.

Der Täter sei zu Fuss gewesen und habe seine Sprengladung auf einem Parkplatz vor dem Gericht gezündet, sagte ein Sprecher der Polizei, Basir Mudschahid. Dort parkten Anwohner eines nahen Wohnblocks und Angestellte des Gerichts. Der Mann habe jene Zeit abgepasst, zu der Besucher und Angestellte nach Hause gehen wollten. Alle Opfer seien Zivilisten.

Ein Passant, Abdul Dschamil Miachel, erzählte, er habe gerade seinen Sohn zum Arzt gebracht und in einer Apotheke nahe dem Gericht gewartet, als es einen sehr lauten Knall gegeben habe. «Die Wände haben gewackelt und alle Medikamente sind auf den Boden gefallen», sagte Miachel. Menschen seien panisch aus Geschäften gestürzt und die Strasse hinuntergerannt.

Noch kein Bekennerschreiben

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani verurteilte den neuen Anschlag in Kabul als «unmenschlich und unverzeihlich». Bisher hat sich keine Extremistengruppe zu der Tat bekannt. Die radikalislamischen Taliban greifen seit Jahren Gerichte und ihre Mitarbeiter an. Sie wollen, dass in Afghanistan ausschliesslich das islamische Scharia-Gesetz gilt.

In dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht der Vereinten Nationen zu zivilen Opfern des afghanischen Krieges heisst es, dass die Taliban im vergangenen Jahr 16 Angriffe auf Richter, Anwälte, Mitarbeiter der Justiz und Gerichte für sich reklamiert hätten. Insgesamt seien 2016 mehr Zivilisten getötet oder verletzt worden als je zuvor, seit die UNO 2009 begonnen hatten zu zählen.

In dem 111-seitigen Bericht machen die UNO auch auf den Anstieg der vor allem von Islamisten verübten Selbstmordanschläge im Land aufmerksam. Die hätten 2016 ausserdem eine Rekordzahl von Menschen getötet oder verletzt: 1963 Afghanen – sieben Prozent mehr als 2015.

Viele zivile Opfer

Drei Viertel aller Opfer gab es in der Hauptstadt Kabul. Allein dort wurden in 16 Anschlägen 1514 Zivilisten getötet oder verletzt. Das ist ein Anstieg um 75 Prozent innerhalb eines Jahres.

Die UNO machten die radikalislamischen Taliban für mindestens 61 Prozent aller zivilen Opfer verantwortlich. Die hatten den Jahresbericht am Montag als unfair und falsch zurückgewiesen. Erst Mitte Januar hatten sie in Kabul bei einem Anschlag vor dem Parlament mindestens 37 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt.

Nächster Artikel