Tote bei mutmasslichen Angriffen in irakischem Flüchtlingslager

Bei mutmasslichen Angriffen im irakischen Flüchtlingslager Camp Aschraf sind laut Behörden neun und laut den iranischen Volksmudschahedin über 50 Personen getötet worden. Die irakischen Stellen wiesen nach dem Vorfall vom Sonntag den Vorwurf eines Militärangriffs jedoch zurück.

Irakische Sicherheitskräfte bei Camp Aschraf(Archiv) (Bild: sda)

Bei mutmasslichen Angriffen im irakischen Flüchtlingslager Camp Aschraf sind laut Behörden neun und laut den iranischen Volksmudschahedin über 50 Personen getötet worden. Die irakischen Stellen wiesen nach dem Vorfall vom Sonntag den Vorwurf eines Militärangriffs jedoch zurück.

Ein Sicherheitsbeamter der nahe gelegenen Stadt Baakuba erklärte, eine Einheit der Armee habe am Sonntagmorgen versucht, das Lager zu betreten, nachdem die Siedlung von Unbekannten aus einem nahe gelegenen Viertel heraus mit Mörsergranaten beschossen worden sei. Die Lagerbewohner hätten die Soldaten angegriffen, als diese versuchten, in das Lager zu gelangen.

Bei einem anschliessenden Gefecht seien neun der Iraner getötet und elf von ihnen verletzt worden. Unter den Toten ist nach übereinstimmenden Berichten der Lagerbewohner und der Polizei Zohreh Ghaemi, der stellvertretende Generalsekretär der Volksmudschahedin.

Über 50 Tote

Anders stellten die Volksmudschahedin den Sachverhalt dar. Die irakische Armee habe im Camp Aschraf ein «Massaker» angerichtet und Feuer gelegt, erklärte Sprecher Schahriar Kia. 52 Mitglieder der iranischen Exil-Oppositionsgruppe seien getötet worden.

Ausserdem seien zahlreiche weitere Bewohner schwer verletzt oder als Geiseln genommen worden. Nach Angaben der Volksmudschahedin wurde der Armeeangriff vom irakischen Regierungschef Nuri al-Maliki angeordnet.

UNO-Untersuchung angekündigt

Auch der Nationale Widerstandsrat des Iran, dessen wichtigstes Mitglied die Volksmudschahedin sind, verurteilte die Gewalt. Seine Vorsitzende Maryam Radjavi erklärte in Paris, die UNO müsse Blauhelmsoldaten schicken, um die Sicherheit der Bewohner von Camp Aschraf zu garantieren.

Der für das Lager in der Provinz Dijala zuständige Behördenvertreter Haki al-Scharifi betonte dagegen, es habe «keinen Angriff von aussen auf das Camp» gegeben. «Kein einziger Soldat» sei eingedrungen. Vielmehr sei anscheinend ein Öl- oder Gastank explodiert.

Ein Vertreter des Spitals in Baakuba sagte, es seien keine verletzte oder getötete Campbewohner eingeliefert worden. Die UNO äusserte sich besorgt über das Geschehen in dem Lager nordöstlich von Bagdad und kündigte eine eigene Untersuchung an.

Viele umgesiedelt

In Camp Aschraf nahe der iranischen Grenze leben weiterhin Mitglieder der Volkmudschahedin. Fast 3000 Bewohner wurden 2012 ins Camp Liberty verlegt. Die Volksmudschahedin werfen den irakischen Behörden vor, sie wollten die Bewohner von Camp Aschraf vertreiben. Seit zwei Wochen sei die Wasser- und Stromversorgung dort unterbrochen.

Im Februar waren bei einem Granaten- und Raketenangriff auf Camp Liberty nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad mindestens acht Menschen getötet worden. Bereits seit dem iranisch-irakischen Krieg von 1980 bis 1988 halten sich grosse Gruppen iranischer Flüchtlinge im Irak auf. Sie wurden von dem damaligen irakischen Machthaber Saddam Hussein dabei unterstützt, Angriffe auf das Nachbarland vorzubereiten. Die UNO sucht seit Jahren nach einer neuen Bleibe für die iranischen Flüchtlinge.

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