Tote im Irak bei Gewalt zwischen Armee und schiitischen Gläubigen

Nach dem Vormarsch der sunnitischen Terrorgruppe ISIL ist im Irak auch Gewalt zwischen Schiiten ausgebrochen. Bei Zusammenstössen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern eines hohen schiitischen Geistlichen wurden rund 20 Menschen getötet und 30 weitere verletzt.

Freiwillige irakische Kämpfer trainieren in der Stadt Kerbela. (Bild: sda)

Nach dem Vormarsch der sunnitischen Terrorgruppe ISIL ist im Irak auch Gewalt zwischen Schiiten ausgebrochen. Bei Zusammenstössen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern eines hohen schiitischen Geistlichen wurden rund 20 Menschen getötet und 30 weitere verletzt.

Die Gewalt in der Stadt Kerbela brach am Dienstagabend aus, als die Polizei Gefolgsleuten des religiösen Führers Mahmud al-Sorchi das Gebet vor einem wichtigen schiitischen Grabmal untersagte, wie Augenzeugen berichteten. Dutzende Personen wurden festgenommen. Über Kerbela war Rauch zu sehen, Schüsse waren zu hören.

Die Armee schickte Verstärkungen in die Stadt rund 100 Kilometer südlich von Bagdad und setzte Kampfhelikopter ein. Die Regierung verhängte eine Ausgangssperre. Auseinandersetzungen gab es auch in der Stadt Diwanija südlich von Kerbela. Kerbela ist für Schiiten eine heilige Stätte, weil dort der von ihnen als Märtyrer verehrte Imam Hussein begraben liegt.

Kämpfe zwischen Armee und ISIL

Zugleich gingen die Kämpfe zwischen Armee und Milizen der Organisation Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIL) weiter. Ein Militärsprecher sagte in Bagdad, Regierungseinheiten hätten einen Armeestützpunkt in der Nähe der Stadt Tikrit 170 Kilometer nordwestlich von Bagdad zurückerobert.

Zu Zusammenstössen kam es auch in Bakuba 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt. Bei Luftangriffen der Armee auf den Ort Al-Schirkat im Norden des Iraks starben laut Augenzeugen sieben Zivilisten.

Der Irak fordert von den USA stärkere Unterstützung im Kampf gegen die ISIL-Milizen. Andernfalls müsse Bagdad bei anderen Ländern Hilfe suchen, sagte der irakische Botschafter in Washington, Lukman Faily, offenbar mit Blick auf den Iran und Russland.

Die Ausrufung eines Islamischen Kalifats durch ISIL sei ein Warnsignal für die Nachbarstaaten, sagte Regierungschef Nuri al-Maliki am Mittwoch in seiner wöchentlichen TV-Ansprache. «Das Kalifat ist eine Botschaft an die Länder der Region, dass sie sich in einem roten Kreis befinden.»

Maliki warnte zugleich die Kurden im Norden des Landes davor, ihre Unabhängigkeit voranzutreiben. Es werde niemandem erlaubt, die jetzige Situation auszunutzen, sagte er. Der Irak sei ein demokratischer und föderaler Verfassungsstaat.

Maliki hofft auf Regierungsbildung nächste Woche

Maliki äusserte in seiner Ansprache die Hoffnung, dass die Hindernisse für die Bildung einer neuen Regierung bald aus dem Weg geräumt würden. Er warb für Offenheit und Zusammenarbeit, um die Probleme auf der für kommenden Dienstag geplanten Sitzung des Parlaments zu lösen.

Am Vortag hatte das Parlament seine konstituierende Sitzung vertagt. Es konnte sich nicht auf einen neuen Parlamentspräsidenten einigen. Ausserdem waren sich die schiitischen Parteien nicht darüber einig, wer als Ministerpräsident kandidieren sollte. Nicht alle unterstützen den Wunsch Malikis nach einer dritten Amtszeit. Einen Alternativkandidaten gibt es aber nicht.

Verschleppte Kinder in Syrien

Das UNO-Kinderhilfswerk UNICEF und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) riefen ISIL auf, etwa 130 vor einem Monat in Syrien verschleppte Kinder freizulassen.

Die sunnitischen Kämpfer der Gruppe hatten Ende Mai 153 Schüler entführt, darunter zehn Mädchen. Sie kamen aus der nordsyrischen Stadt Aleppo und fuhren mit dem Bus nach Ain al-Arab in der Provinz Aleppo, als sie in der von den Dschihadisten kontrollierten Stadt Menbedsch angehalten wurden.

Seither liessen die Entführer etwa 15 Kinder frei, darunter die Mädchen, wie die der syrischen Opposition nahestehende Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte. Fünf Kinder konnten demnach fliehen. Zwei der geflohenen Schüler hätten berichtet, dass die Dschihadisten die Kinder gezwungen hätten, die Scharia und die dschihadistische Ideologie zu lernen, erklärte HRW.

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