Die touristischen Prognosen für die kommenden Wintersaison sind düster. Dennoch blicken das Berner Oberland und die Innerschweiz verhalten optimistisch nach Vorne. Ihr Erfolgsrezept sind Gäste aus Ländern ausserhalb der Eurozone.
Die Tourismusverantwortlichen im Berner Oberland wie in der Innerschweiz sagen gegenüber der Nachrichtenagentur sda übereinstimmend die Buchungssituation über die Festtage sei sogar leicht besser als im vergangenen Jahr. «Unsere Hotels sind bis zu 80 Prozent ausgelastet», meint Sibylle Gerardi, Leiterin Kommunikation von Luzern-Vierwaldstättersee Tourismus. Auch für Harry John, Tourismusdirektor des Kantons Bern, ist das Glas halbvoll: «Wir gewinnen Marktanteile.»
Dieser verhaltene Optimismus erstaunt, denn wie überall fehlt auch in diesen Regionen der Schnee. Zudem ist der Franken im Vergleich zum Euro nach wie vor sehr teuer. Beides sind Herausforderungen, die dem Schweizer Wintertourismus zusetzen.
«Natürlich sind Wetter und Schneeverhältnisse wichtig, weil die immer kurzfristigeren Buchungen vor allem nach den Festtagen erst zu rattern beginnen, wenn auch im Unterland Schnee liegt», räumt John ein. So sei es zwar kalt genug um die Pisten in den Bergregionen künstlich zu beschneien. Aber weil der Schnee im Unterland bisher ausgeblieben ist, zieht es die Gäste auch nicht in die Skigebiete.
Hinzu kommt, dass die kommenden Wintersaison zwei Wochen kürzer ist als die letzte, weil Ostern 2016 bereits Ende März ist. Das sind Faktoren, die die Tourismusanbieter kaum beeinflussen können.
Wichtige Rolle des Marketing
Einen Einfluss haben sie jedoch auf ihr eigenes Marketing und damit langfristig auf ihre eigene Gästestruktur. So setzen die Innerschweiz und das Berner Oberland seit Jahren auch auf Gäste ausserhalb des Euroraums. Das Oberland besuchen neben Schweizern mit einem Anteil an den Logiernächten von 50 bis 60 Prozent, vor allem Touristen aus England und den USA mit einem Anteil von über 10 Prozent.
Und diese internationalen Gäste kompensieren in der angelaufenen Wintersaison laut John den Rückgang bei Gästen aus Deutschland und den Beneluxländern. Denn für diese beiden Gästegruppen haben sich mit dem schwachen Euro im Verhältnis zum starken Franken Winterferien in der Schweiz massiv verteuert. Im Berner Oberland kommen rund 12 Prozent der Gäste aus Deutschland.
In die Innerschweiz kamen schon im Sommer vermehrt Gäste vor allem aus sogenannten Fernmärkten, aus Amerika und Asien. Mit ihnen seien die Rückgänge bei einzelnen Europa-Märkten ausgeglichen worden, sagt Gerardi. «Eine solche Verschiebung erwarten wir mittelfristig auch für den Winter: weniger Europäer, dafür mehr Gäste aus den Fernmärkten, die dann zunehmend auch Wintersport betreiben.» Ein solcher Mix sei bei der derzeitigen Währungssituation von Vorteil, heisst es aus beiden Regionen.
Schwierigere Situation für Bündner Ferienorte
In Graubünden hingegen, wo mit einem Anteil von 20 Prozent an den Logiernächten die Deutschen die wichtigste ausländische Gästegruppe stellen, rechnen die Touristiker für die kommenden Wintersaison mit rückläufigen Logiernächten. Für die Festtage sei die Buchungssituation zwar zufriedenstellend, sagt Myriam Keller, interimistische Chefin von Graubünden Ferien. Doch: «Ab dem 2. Januar sind die Buchungszahlen derzeit noch unter den Erwartungen.»
Wichtig wird auch hier die Schneesituation. Aber mehr noch wird im kommenden Winter «der starke Franken knallhart zuschlagen», sagt Keller. Während sie bei den Schweizern mit Übernachtungen auf Vorjahresniveau rechnet, verzeichnen die grösseren Destinationen in Nordbünden «die grossen Verluste vor allem mit Gästen aus Deutschland, in Südbünden bleiben dazu auch noch vermehrt Italiener weg.»
Bereits im Verlauf der letzten fünf Jahre ist der Anteil der Deutschen im Durchschnitt um 23 Prozent zurückgegangen, doch seit letztem Januar, als die Schweizerische Nationalbank den Euromindestkurs aufgab, hat sich die Situation verschärft: «Die Hälfte dieses Verlustes stammt allein aus diesem Jahr», sagt Keller. Sie rechnet im Winter mit Rückgängen von über 10 Prozent bei den Gästen aus dem Ausland. Demnach kann Graubünden den Rückgang bei Gästen aus dem Euroraum nicht mit anderen ausländischen Gästen kompensieren.
Keller will im Marketing deshalb den Fokus noch stärker auf die einheimischen Gäste legen, die mit 60 Prozent der Logiernächte die grösste Gruppe stellen.
Im Wallis geben sich die Verantwortlichen wortkarg. Zwar heisst es, dass die Destinationen mit den Buchungen für die Weihnachts- und die Neujahrswoche «mehrheitlich zufrieden» seien. Doch Matthias Summermatter vom Mediendienst Valais/Wallis Promotion räumt ein, dass aufgrund des starken Frankens vor allem weniger Gäste aus dem Euroraum erwartet werden. Zur Gästestruktur und allfälligen Strategien, die Ausfälle bei Gästen aus dem Euroraum zu kompensieren, macht er keine Angaben.