Touristisch, touristischer, Ascona

Glitzernder See, hübsche Architektur, malerische Hügelketten: Ascona bietet mediterranes Ferienfeeling. Das haben auch die Reichen und Schönen der Schweiz bemerkt.

Da Ascona so weit im Tal gelegen ist, hat man schnell eine wunderschöne Aussicht, ohne besonders hoch zu steigen. Hier auf dem Weg zum «Monte Verità».

(Bild: Mara Wirthlin)

Glitzernder See, hübsche Architektur, malerische Hügelketten: Ascona bietet mediterranes Ferienfeeling. Das haben auch die Reichen und Schönen der Schweiz bemerkt.

Eine kleine Vorwarnung zu Beginn: Wer beim Anblick reicher Menschen wütend oder neidisch wird, sollte einen Bogen um Ascona machen. Wer besonders viel Wert auf Authentizität und den Kontakt zu Einheimischen legt, auch. Denn das ehemalige Fischerdorf hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zur Hochburg gut situierter Deutschschweizer gemausert.

Schicke Boutiquen und Restaurants prägen den Dorfkern. Italienisch hört man während der Touristensaison nicht einmal im Supermarkt besonders oft, dafür Deutsch in allen möglichen Dialekten.

Doch wer kann es den Reichen und Schönen verübeln? Hätten wir das nötige Kleingeld, würden auch wir in Erwägung ziehen, uns hier einen Zweitwohnsitz einzurichten. Denn ein Ausflug in die tiefst gelegene Ortschaft der Schweiz verspricht Urlaubsfeeling pur! 

Badespass im «Zweiklassenbad»

Bei schönem Wetter kann man faule Tage am Seeufer verbringen, baden und die Aussicht auf die sanften Hügelketten geniessen. Dafür gibt es in Ascona zwei Möglichkeiten: Entweder das «bagno pubblico», also das öffentliche, kostenfrei zugängliche Bad. Es ist eher klein, aber gemütlich, mit Kinderspielplatz, Kiosk und Sandstrand.

Die etwas komfortablere Option ist der «Lido». Dort zahlt man fünf Franken Eintritt für eine riesige Picknick-Wiese mit genügend Platz fürs Fussball- oder Volleyballspiel. Es gibt zudem eine hübsche Strandbar mit Drinks, Gelati und guten Pizzen.

Die Wahl zwischen diesen beiden Stränden ist in Ascona ein Politikum. So wird der «Lido» auch abwertend als «Luxusbad» bezeichnet. Nicht alle scheinen also Freude an der Aufwertung – und der damit einhergehenden Verdrängung in Ascona zu haben.

Glockenturm als Orientierungspunkt

Die Altstadt lockt mit wunderschöner Architektur und kleinen, verwinkelten Gässlein. Besonders sehenswert ist die Kirche San Pietro e Paolo, eine Säulenbasilika aus dem 16. Jahrhundert mit einem hohen Glockenturm, der übrigens zur praktischen Orientierungshilfe wird, sollte man sich im eher überschaubaren Altstädtchen doch einmal verlaufen.

Spassig – wenn auch nicht unbedingt erschwinglich – ist zudem ein Bummel durch die Geschäfte im meist höheren Preissegment. Die Ausrichtung der Gemeinde auf den Tourismus zeigt hier ihre Ambivalenz: Die Besitzer der Geschäfte wechseln oft, zahlreiche Liegenschaften stehen leer. Das Angebot in Ascona scheint fast zu gross für die kleine Gemeinde.

Eine ähnliche Problematik findet man auf der «Piazza»: Seeufer und Dorfkern zugleich, ist die «Piazza» das malerische Highlight Asconas. Hier reihen sich natürlich Restaurants an Cafés an Hotels an Gelaterias an Bars. Bei dieser Dichte können unmöglich alle kulinarischen Angebote gut besucht sein. Die Folge: Zahlreiche eher kleine Restaurants schliessen, Restaurantketten prägen zunehmend das Bild. So gibt es auf der Piazza mittlerweile auch ein «Papa Joe’s».

 



Ende Juni, anfangs Juli ist in Ascona jeweils Jazz angesagt. Sommer, Musik, wunderschöne Umgebung – was will man mehr?

Ende Juni, Anfang Juli ist in Ascona jeweils Jazz angesagt. Sommer, Musik, wunderschöne Umgebung – was will man mehr? (Bild: Mara Wirthlin)

Der subversive Berg

Hinter der aufpolierten Fassade Asconas verbirgt sich eine spannende Geschichte. So war der Hügel über Ascona, der Monte Verità, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die kreative Brutstätte zahlreicher Künstler, Weltverbesserer und Aussteiger aus ganz Europa, die auf die katholisch-konservative Bevölkerung Asconas prallten. Sprechen die Tessiner von der Geschichte des Monte Verità, ist sofort abwertend von «Nudisten» die Rede.

Heute dient der Berg den Universitäten von Luzern und Zürich als Seminarstätte, ein sehenswertes Museum zeigt die Geschichte der alternativen Kolonie und ihrer Gründer. Auf dem Gelände mahnt ein Kunstwerk des Dadaisten und Surrealisten Hans Arp an die bewegte kulturelle Vergangenheit des idyllischen Orts.



«Huis Clos» von Jean Arp auf dem Monte Verità – eines der letzten Überbleibsel der bewegten Geschichte des Hügels. 

«Huis Clos» von Jean Arp auf dem Monte Verità – eines der Überbleibsel der bewegten Geschichte des Hügels.  (Bild: Mara Wirthlin)

Vom Dorf aus, kurz bevor man auf der Hauptpromenade auf die Piazza stösst, führt ein Weg bis zum Monte Verità, der noch um einen lohnenswerten Abstecher zur Chiesa San Michele erweitert werden kann.

Erste Teeplantage Europas

Hier oben auf dem Berg herrscht eine ganz andere Stimmung als im Dorfkern. Am Waldrand beim grossen Spielplatz grilliert die Jugend Asconas. Der Imbiss-Kiosk ist eher bescheiden und hebt sich so von den Cafés und Restaurants direkt am See angenehm ab.

Ausserdem gibt es auf dem Monte Verità seit ein paar Jahren die erste und einzige Teeplantage Europas. Mit einem ausgiebigen Ritual im dazugehörigen Teehaus wird man ausführlich über Theorien und Geschichten rund ums Teetrinken aufgeklärt. Eine weitere Möglichkeit, der Zivilisation für kurze Zeit zu entfliehen, bietet ein Schiffsausflug auf die Brissago-Inseln von der Piazza Asconas aus: Die botanischen Inseln beherbergen über 1000 unterschiedliche Pflanzensorten.


  • Anbeissen: «Grotto Baldoria», eher fleischlastiges, bei Touristen wegen seiner «Urchigkeit» sehr beliebtes «Grotto». Hier gibt es keine Speisekarte, das Menü erfährt man auf Anfrage direkt aus der Küche. Käse für die Pasta wird von Tisch zu Tisch gereicht. Unkompliziertes, vielleicht etwas bemüht-authentisches Gastronomie-Konzept, das aber überzeugt und schmeckt. Vicolo S. Omobono 9, Ascona.
  • Abstechen: Als nahe gelegenes Ausflugsziel lassen sich unterschiedliche kulturelle Sehenswürdigkeiten auf dem Monte Verità empfehlen – von der Teeplantage über das Museum zur bewegten Geschichte des Hügels bis hin zu Theater-Inszenierungen.
  • Anlegen: Mit dem Schiff kommt man von der Seepromenade aus auf die Brissago-Inseln mit über 1000 unterschiedlichen Pflanzensorten. Der Ausflug lohnt sich alleine schon wegen der sehenswerten Schifffahrt über den Lago Maggiore.

Das beliebte Restaurant «Grotto Baldoria»: Fürs Menü bitte in der Küche vorbeigehen. Ein einfaches Gastronomiekonzept, das überzeugt. 

Das beliebte Restaurant Grotto Baldoria: Fürs Menü bitte in der Küche vorbeigehen. Ein einfaches Gastronomiekonzept, das überzeugt.  (Bild: Mara Wirthlin)

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