Tramunfall in Münchenstein BL: Wagenführer unachtsam und zu schnell

Ursache für die Tramentgleisung vor einem Jahr in Münchenstein war menschliches Versagen: Der Wagenführer ignorierte Weichensignale und fuhr zu schnell über die Weiche. Dies stellt der Unfallbericht fest, wie die Baselland Transport (BLT) am Donnerstag mitteilte.

Ursache für die Tramentgleisung vor einem Jahr in Münchenstein war menschliches Versagen: Der Wagenführer ignorierte Weichensignale und fuhr zu schnell über die Weiche. Dies stellt der Unfallbericht fest, wie die Baselland Transport (BLT) am Donnerstag mitteilte.

Am 2. November 2011 nachts um 23.35 Uhr fuhr ein 10er-Tram von der Haltestelle Münchenstein Dorf weg in Richtung Dornach SO. Das ganze Tram entgleiste bei der Abzweigung zur dortigen Wendeschlaufe, und der Zugwagen krachte in die Wand eines Einfamilienhauses. Sechs Passagiere wurden leicht verletzt; drei Hausbewohner blieben unversehrt.

Nun liegt der Bericht der Schweizerischen Unfalluntersuchungsstelle SUST vor. Zwei Fehler werden laut BLT genannt: Die Weiche sei zur Wendeschlaufe hin gestellt gewesen, und der Wagenführer habe zwei entsprechende Signale ignoriert. Das Tram sei zudem mit 38 km/h statt maximal in der Schlaufe erlaubten 10 km/h über jene Weiche gefahren.

Ganze Technik funktionierte

Der Wagenführer beschleunigte bei der Ausfahrt aus der Haltestelle das Tram erst auf etwa 55 km/h. 17 Meter vor der Weiche erkannte er deren Abzweige-Stellung und leitete eine Schnellbremsung ein. Diese habe das Tram zwar auf 38 km/h verlangsamt, das Entgleisen aber nicht verhindern können.

Geradeaus sind laut Büttiker maximal 65 km/h erlaubt, auch über jene so genannte „Hochgeschwindigkeitsweiche“, die erst etwa drei Jahre alt war. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 10 km/h gelte jedoch, wenn die Weiche auf Abzweigen gestellt ist, und zwar für die Weiche und die Schlaufe.

Tram, Sicherungssysteme und Anlagen hätten gemäss SUST-Untersuchung alle korrekt funktioniert, hiess es weiter.

Strafverfahren

Der verantwortliche Wagenführer sei ein „langjähriger, pflichtbewusster Mitarbeiter“, sagte BLT-Chef Andreas Büttiker auf Anfrage. Der Mann habe schwere Gewissensbisse wegen seines Fehlers. Er arbeite weiterhin bei der BLT, fahre seither aber keine Trams mehr. Die BLT begleite ihn bei seiner beruflichen Neuorientierung.

Auch wenn die BLT dem Wagenführer die Stange hält, wird dennoch ein Strafverfahren eröffnet. Dies erfolge auf jeden Fall, sobald die Staatsanwaltschaft Baselland den SUST-Bericht geprüft hat, wie dort zu erfahren war. Ob es dereinst zu einer Anklage kommt, sei indes offen.

Die BLT haben die Weiche nach dem Unfall zusätzlich gesichert: Heute ist sie immer auf Durchfahrt gestellt; wer wenden will, muss das früh anmelden. Ist sie auf Wenden gestellt, gibt es neu auch ein akustisches Warnsignal im Tramführerstand. Wird dieses nicht quittiert, erfolgt eine automatische Schnellbremsung. Das SUST habe diese Massnahmen abgesegnet.

Schaden versichert

Büttiker beziffert den Sachschaden am Donnerstag auf rund 100’000 Franken, im Wesentlichen für die Reparatur des betroffenen Wohnhauses. Die Haftpflichtversicherung übernehme den Grossteil. Die beiden 35- und 40-jährigen Tramwagen, deren Reparatur sich nicht mehr gelohnt hätte, seien ohnehin vor dem Ausrangieren gestanden und daher nicht eingerechnet.

Der Streckenabschnitt war damals für rund einen Tag gesperrt, bis alles notiert und überprüft war – solange fuhren Ersatzbusse. Bevor das Tram an der Fassade den Doppelhauses zum Stillstand kam, riss es einen Fahrleitungsmast um und beschädigte ein parkiertes Auto. Ein Leitungsmast musste mit Betonfundament neu gesetzt werden.

Im Tram waren zum Unfallzeitpunkt an einem späten Mittwochabend etwa 30 Fahrgäste. Sechs davon erlitten Prellungen, Schürfungen und weitere leichte Verletzungen. Der Wagenführer blieb unverletzt.

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