Die deutsche Regierung hat Hans-Dietrich Genscher in einer ersten Reaktion als grossen Staatsmann gewürdigt. Deutschlands dienstältester Aussenminister war Donnerstagnacht im Kreis seiner Familie an Herz-Kreislauf-Versagen gestorben. Er wurde 89 Jahre alt.
Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter sagte am Freitag in Berlin, Genscher habe wie ganz wenige andere die Geschicke Deutschlands beeinflusst. Er nannte ihn einen grossen Europäer und grossen Deutschen.
Auch Aussenminister Frank-Walter Steinmeier würdigte Genscher als «grossen Deutschen und grossen Europäer». «Sein Platz in den Geschichtsbüchern ist ihm gewiss», erklärte Steinmeier am Freitag am Rande eines Besuchs in Tadschikistan. Genscher habe «in seinem langen und bewegten Leben buchstäblich Geschichte geschrieben».
«Herausragende Persönlichkeit»
Bundespräsident Joachim Gauck ehrte Genscher als «herausragende Persönlichkeit in der Geschichte unseres Landes». Gauck erinnerte am Freitag in Berlin an die Rolle Genschers bei der deutschen Wiedervereinigung. «Beharrlich, allgegenwärtig und mit feinem Gespür für historische Momente hat er das friedliche Zusammenwachsen unseres Landes und unseres Kontinents vorangetrieben.»
FDP-Chef Christian Lindner schrieb bei Twitter: «Genscher hat Geschichte geschrieben und unser Land geprägt. Wir haben ihm viel zu verdanken. Unsere Trauer kann nicht grösser sein.»
Frankreich würdigte Genscher als «überzeugten Europäer». «Er war einer der grossen Akteure der Wiedervereinigung, der mit seinen politischen und menschlichen Qualitäten diese bedeutende Phase der europäischen Geschichte geprägt hat», erklärte Aussenminister Jean-Marc Ayrault am Freitag.
Einer der beliebtesten Spitzenpolitiker
Genscher, dessen Markenzeichen ein gelber Pullunder war, war 18 Jahre Aussenminister (1974 bis 1992) und massgeblich an den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung beteiligt. Von 1974 bis 1985 führte er die FDP.
Er zählte in Deutschland zu den beliebtesten Spitzenpolitikern und zu den prägenden Persönlichkeiten der Liberalen. Immer wieder hatte er mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen. 1992 legte er für viele überraschend mit 65 Jahren seine Ämter nieder. 1998 schied er nach 33 Jahren auch aus dem Bundestag aus.