Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki wird am kommenden Donnerstag auf dem Frankfurter Hauptfriedhof beigesetzt. Die Trauerfeier beginnt am 26. September um 15 Uhr, wie die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» am Donnerstag bekannt gab.
Reich-Ranicki war am Mittwoch im Alter von 93 Jahren in Frankfurt gestorben. «Er war ein permanenter Protest gegen Langeweile und Mittelmass», erklärte «FAZ»-Herausgeber Frank Schirrmacher.
Mit ihm sei eine Epoche zu Ende gegangen: «Dieser Mann war in Verfolgung und Ruhm die Personifikation des zwanzigsten Jahrhunderts. (…) Einen wie ihn werden wir nicht wiedersehen.» Auch in seinem Geburtsland Polen wurde er ausführlich gewürdigt.
«Es gibt in Deutschland keinen Literaturliebhaber, der nicht den Namen des legendären Kritikers Marcel Reich-Ranicki kennt», schrieb die Zeitung «Rzeczpospolita»: «Niemand konnte es ihm auf diesem Gebiet gleich tun. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht.»
Die «Gazeta Wyborcza» erinnerte an die Macht seiner Verrisse: «Schriftsteller fürchteten ihn wie Feuer, denn er konnte Karrieren zerbrechen lassen. Andere führte er zum Gipfel.»
«Streitbar und engagiert»
Vor allem seine Leidenschaftlichkeit werden Weggefährten in Erinnerung behalten. «Literatur war für ihn Leben, und er war genauso streitbar und engagiert und leidenschaftlich, wenn kein Fernsehen dabei war», sagte Kollege Hellmuth Karasek im WDR-Radio.
«Selbstverständlich war er verletzend. Selbstverständlich ist er über das gegangen, was man als rote Linie in der Literaturkritik bezeichnen könnte», sagte die Kritikerin Iris Radisch: «Da, wo es verletzend war, war es Teil seiner Lebendigkeit.»
Walser äussert sich nicht
Weggefährten, mit denen sich der streitbare «Literaturpapst» angelegt hatte, äusserten sich am Tag nach seinem Tod nicht. Sigrid Löffler – neben Reich-Ranicki und Karasek die dritte Dauerbesetzung im «Literarischen Quartett» – schied 2000 in Unfrieden.
Martin Walser schrieb nach heftiger Kritik an seinen Werken im Jahr 2002 den Schlüsselroman «Tod eines Kritikers». Auch an einem späten Roman von Günter Grass hatte Reich-Ranicki kein gutes Haar gelassen. Alle drei blieben am Donnerstag bei ihrem Schweigen.