Es ist die bis heute grösste EM-Überraschung: der Triumph der dänischen Spasstruppe 1992 in Schweden. Er kommt buchstäblich aus dem Nichts.
Wer sein Geld zwei Wochen vor Beginn der EM 1992 auf Dänemark setzen wollte, konnte dies gar nicht tun. Es war schlicht nicht möglich, weil Dänemark für die Endrunde (wie 2016) gar nicht qualifiziert war. Das Team von Trainer Richard Möller Nielsen hatte in der Gruppe 4 der Qualifikation den 2. Platz hinter Jugoslawien belegt, zwei Wochen vor Turnierbeginn weilten die meisten Nationalspieler in den Ferien. Dann lud die UEFA Jugoslawien wegen des Balkan-Kriegs aus und das Märchen nahm seinen Lauf.
Möller Nielsen wollte zu Hause gerade eine Küche einbauen, als er von der EM-Teilnahme erfuhr. Improvisation lautete die Devise, Spass das Motto – er konnte von den eiligst aus den Ferien eingerückten Spielern ja nicht allzu viel erwarten. «Wir haben viel Bier getrunken und gelacht, wir haben Minigolf gespielt und sind im McDonald’s essen gegangen», sagte Stürmer Flemming Povlsen später im Rückblick auf das Turnier.
Zeit, sich auf die EM vorzubereiten, hatten die Dänen kaum. Nur zehn Tage war das Team vor dem Turnierstart zusammen. Frei von Druck und Erwartungen und ohne den Gedanken an die «Überraschung des Jahrhunderts» (L’Equipe) startete sie ins Turnier. Nach den ersten beiden Gruppenspielen deutete immer noch wenig auf den dänischen Durchmarsch hin. Gegen England resultierte ein 0:0, gegen Gastgeber Schweden verlor man 0:1.
Die Weichen stellte das Team um Bayerns Spielmacher Brian Laudrup und Manchester Uniteds Goalie Peter Schmeichel im letzten Gruppenspiel mit einem 2:1 gegen Frankreich. England und Frankreich schieden aus, Schweden und Dänemark zogen in die Halbfinals ein. Alle rechneten mit einem Final der Favoriten und Erzrivalen Niederlande und Deutschland. Doch Dänemark rang die überheblichen Niederländer 5:4 im Penaltyschiessen nieder. Verschossen hatte beim gegnerischen Starensemble ausgerechnet Marco van Basten.
Der Weg für Deutschland schien geteert. Aber auch im Final verblüfften die dänischen Spassfussballer, die Möller Nielsen am Tag vor dem geschichtsträchtigen Spiel ins Fast-Food-Restaurant geschickt hatte. Ein früher Treffer von John Jensen und ein später von Kim Vilfort mündete in einem 2:0-Sieg und dem EM-Titel für die Dänen. Der Übername «Big-Mac-Truppe» war geboren.