Nach anderen Branchen wie Detailhandel, Medien oder Reisebüros erleben auch die Banken eine digitale Revolution. Laut dem Beratungsunternehmen Roland Berger und dem Kreditkartenkonzern Visa Europe bedeute dies aber nicht das Ende der Filialen.
Gemäss einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage bei 1000 Schweizer Bankkunden dürften Filialen auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Für 57 Prozent ist die Nähe zu einer Niederlassung ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der Hausbank.
Entscheidend sei für sie vor allem die persönliche Beratung zu komplexen Produkten, sagte Björn Bloching, Digital-Experte von Roland Berger, bei der Präsentation der Studie in Zürich. Viele Bankgeschäfte müssten zudem mit einem stationären Kontakt abgeschlossen werden, beispielsweise mit dem Unterschreiben. Und Berater verfügten über Informationsvorteile, während im Internet oft noch viel und aufwendig eingegeben werden müsse.
Allerdings sei die Filiale nur konkurrenzfähig, solange sie nicht teurer sei als Online-Alternativen. Nur einer von vier Befragten wäre bereit, für die persönliche Beratung zu bezahlen. 55 Prozent würden beim gleichen Preis in der Filiale kaufen. Die Filiale bleibe also ein wichtiges Standbein, aber sie müsse innovativer werden.
Experimentieren und verbessern
Bloching rät, in den Experimentiermodus zu wechseln. Denkbar seien bei der Filialgestaltung Wohlfühlambiente wie in Kaffeehäusern, Design wie in modernen «Flagship-Stores» oder an Discounter angelehnte «Effizienz» bei einfachen Bankgeschäften. Er appelliere an die Bankmanager, «denkt nicht, dass ihr das im Elfenbeinturm machen könnt, sondern fragt die Kunden und testet».
Ein perfektes Produkt entwickeln zu wollen, das dann zu spät ausgerollt werde, sei der falsche Weg. Im Zentrum sollten die Wünsche der Kunden stehen. Das Angebot dafür solle rasch entwickelt werden.
Auf die Frage, ob damit nicht die Marke und der Ruf der jeweiligen Bank gefährdet werde, sagte Bloching, Prototypen seien als solche zu deklarieren und müssten fortlaufend verbessert werden. Dies sei besser, als von neuen Anbietern überholt zu werden.
Digitalisierung schreitet voran
Die Bedürfnisse nach Digitalisierung der Bankgeschäfte sind laut der Umfrage klar: Bereits 74 Prozent der befragten Bankkunden in der Schweiz erledigen alltägliche Bankgeschäfte online. Damit liegen sie vor den deutschen Bankkunden, die zu 63 Prozent online Überweisungen tätigen oder Kontostände abfragen.
Der Wunsch nach digitalen Banking-Angeboten bestehe auch nicht nur bei Jungen, sondern altersübergreifend. «Digital-affine Kundengruppen» machen laut der Studie bereits 60 Prozent des Gesamteinkommens aus. Geschätzt würden die Flexibilität, die Schnelligkeit und die Anonymität der Angebote.
Chancen bestünden im Zusammenspiel zwischen Online- und Mobile-Banking sowie den Filialen. So erledigen bereits 11 Prozent der Schweizer Kontoinhaber ihre alltäglichen Bankgeschäfte über Apps auf Smartphones und Tablets. 7 von 10 Kunden können sich dies vorstellen. So geht Visa Europe davon aus, dass bis 2020 bereits 60 Prozent der Visa-Transaktionen über mobile Endgeräte erfolgen werden.
Die Banken haben laut der Umfrage auch kein Vertrauensproblem. 72 Prozent erachten Mobile-Banking als sicher, beim Online-Banking sind es gar 93 Prozent. Und biometrische Angaben würden die Befragten eher bei einer Bank (60 Prozent) hinterlegen als bei den Behörden (45 Prozent).