Trotz eines Gesetzes zum Schutz vor Gewalt leiden viele Frauen in Afghanistan noch immer unter Misshandlungen durch Männer. Zuletzt seien wesentlich mehr Fälle von Gewalt angezeigt worden, heisst es in einer am Dienstag veröffentlichten UNO-Studie.
Den Anstieg der Anzeigen werteten die Autoren der Studie als „ermutigende Entwicklung“. Angriffe gegen Frauen seien aus kulturellen und religiösen Gründen früher gar nicht gemeldet worden.
Allerdings sei es nur in einem Fünftel der untersuchten Fälle zu einer Verurteilung gekommen, heisst es in der Untersuchung der UNO-Mission in Afghanistan UNAMA weiter. Für den Bericht wurden Daten aus 16 der 34 Provinzen in Afghanistan ausgewertet.
In Afghanistan gilt seit 2009 ein Gesetz zum Schutz von Frauen. Die Studie listet unter anderem den Fall einer 15-Jährigen auf, die sich in diesem Jahr verbrannte, nachdem sie von ihrem Ehemann und Schwiegervater geschlagen worden war. Als sie Ermittlern ihren Fall schilderte, drohten diese ihr mit Gefängnis, wenn sie die Anzeige nicht zurückziehe.
Schläge und Schnitte
Die häufigsten Arten von Gewalt sind der Studie zufolge Schläge und Schnitte. Zudem sei die Zahl sogenannter Ehrenmorde wegen Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens von Frauen gestiegen. Die Unabhängige Menschenrechtskommission in Afghanistan verzeichnete 4010 Fälle von Gewalt gegen Frauen zwischen April und Oktober. Dies waren doppelt so viele wie in den vorangegangenen zwölf Monaten.
Erst einen Tag vor Veröffentlichung der UNO-Studie war die Leiterin einer Frauenbehörde im Osten des Landes erschossen worden. Nadia Sidiki, die an der Spitze der Frauenbehörde der Provinz Laghman stand, wurde auf dem Weg zur Arbeit von zwei Unbekannten ermordet. Im Juli war ihre Vorgängerin Hanifa Safi durch einen Autobombenanschlag getötet worden.