Europas Wälder trotzen Trockenperioden dank einer erstaunlichen Flexibilität. Dies ist der Tenor unter Waldforschern, die sich diese Woche in Zürich an einer Konferenz austauschen. Somit seien mit dem Klimawandel zwar Veränderungen, aber kein Waldsterben zu erwarten.
«In den vergangenen Jahren haben wir beobachtet, dass der Wald auf Extremereignisse wie den Sommer 2003 erstaunlich plastisch reagiert hat, also eine gewisse Anpassungsfähigkeit zeigt», erklärte Thomas Wohlgemuth von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL am Montag vor Medien in Zürich. Das Institut organisiert die Konferenz zusammen mit der ETH Zürich und dem Bundesamt für Umwelt BAFU.
Bäume und Wälder könnten vorübergehende Versorgungsengpässe mit Wasser und den darin gelösten Nährstoffen überstehen, indem sie tiefes Wurzelwerk ausbilden oder die Verdunstung einschränken. Im Extremfall können Bäume dazu sogar ihre Blätter oder Nadeln abwerfen.
Langfristig dürften sich die Wälder durch eine neue Artenzusammensetzung anpassen, vermuten die Forscher. «Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich das Waldbild in den kommenden Jahrzehnten nachhaltig verändern wird», sagte Wohlgemuth.
Möglichst vielfältige Wälder
Wälder würden künftig an trockenen Orten weniger dicht wachsen und weniger Biomasse erzeugen. Trockenheit tolerierende Baumarten wie Eiche oder Douglasie dürften empfindlichere Arten wie Fichten und Föhren in den Tieflagen zurückdrängen. Dort würden in Zukunft voraussichtlich Laubwälder statt Nadelwälder das Landschaftsbild prägen.
Das Fazit der Forscher: Zumindest im mitteleuropäischen Raum seien mit dem Klimawandel keine unmittelbaren Katastrophen zu erwarten. «Der Wald stirbt nicht», erklärte Rolf Manser, Leiter der Abteilung Wald beim BAFU. «Die Bäume vertragen mehr, als wir ihnen zutrauen.»
Da sich das Klima nicht abrupt ändert, sei noch Zeit für Anpassungen durch die Forstwirtschaft. «Wenn die Waldbesitzer möglichst viele Baumarten pflanzen, sind sie auf verschiedene Situationen vorbereitet», sagte Manser.
In Deutschland würden bereits Monokulturen wieder zu vielfältigen Wäldern umgebaut. In der Schweiz, wo die Wälder stets naturnah gehalten wurden, sei dies nicht nötig, erklärte er.
Föhrensterben im Wallis
Doch auch hier zu Lande müssten Forstwirte künftig mit anderen Arten aufforsten als den derzeit wirtschaftlich wichtigen Buchen und Fichten. Denn die Bäume, die heute angepflanzt werden, müssen das Klima in 100 Jahren aushalten.
Die Forschung liefere das Grundlagenwissen für solche Entscheidungen, sagte Wohlgemuth. Zum Beispiel liessen sich längerfristig die trockenheitsempfindlichen Buchen und Waldföhren durch Eichen ersetzen, während die kältetolerante Fichte in den Bergen keine Probleme haben wird.
In Walliser Trockentälern ist das Problem indes schon jetzt akut: Bedingt durch den Klimawandel sterben dort die Föhren ab. Die Täler drohen zur Steppe zu werden, warnen die WSL-Forscher. Also testen sie, ob die Aleppo-Föhre aus dem Mittelmeerraum ein geeigneter Ersatz für Schutzwälder sein könnte.
In einer wärmeren Zukunft werden in der Schweiz also zwar keine Palmen, aber doch immer mehr Bäume aus wärmeren Gefilden anzutreffen sein.
Die Konferenz «Klimawandel: Wie reagieren die Bäume in den Wäldern Mitteleuropas?» mit über 200 Teilnehmenden tagt noch bis zum 5. September an der ETH Zürich.