Die tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) ziehen vier Monate vor den Parlamentswahlen die Notbremse: Wegen katastrophaler Umfragewerte gibt Regierungschef Bohuslav Sobotka die Parteiführung ab. Künftig führt ein Spitzentrio die tschechischen Sozialdemokraten.
Als Parteichef müsse er die Verantwortung für die schlechten Umfragewerte der grössten Regierungspartei übernehmen, erklärte Sobotka am Mittwochabend vor den Medien in Prag. Mit sofortiger Wirkung übernehme sein bisheriger Stellvertreter, Innenminister Milan Chovanec, die Parteiführung.
Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für die Parlamentswahl im Oktober werde Aussenminister Lubomir Zaoralek sein. Er selbst wolle bis zur Wahl die Regierung weiter führen, teilte Sobotka nach einer Krisensitzung der Parteiführung mit.
Dem von Kritikern als «graue Maus» charakterisierten Sobotka hatte niemand mehr zugetraut, den Absturz der noch grössten Parlamentspartei in den Wählersympathien aufzuhalten.
Letzte Umfragen gaben der CSSD nur noch zehn Prozent. Sie würde demnach auf dem vierten Platz landen, weit hinter der liberal-populistischen Protestpartei ANO des Unternehmers Andrej Babis und hinter den konservativen Bürgerdemokraten (ODS) und sogar den Kommunisten (KSCM).
Zum politischen Verdruss kamen zuletzt noch private Probleme des glücklosen Parteichefs: Erst vergangene Woche musste der 45-Jährige die Trennung von seiner Ehefrau bekanntgeben.
Der neue Vorsitzende Chovanec gilt als Hardliner der tschechischen Ablehnungspolitik gegenüber Flüchtlingen. Der Waffenfan steht auch hinter einer Klage Tschechiens gegen eine EU-Richtlinie zur Einschränkung von Schusswaffenbesitz.
Zaoralek als das künftige neue Gesicht des CSSD-Wahlkampfs kritisiert zwar auch die EU-Flüchtlingspolitik, gilt aber als diplomatischer.