Der Schriftsteller und frühere Vorsitzende des PEN-Clubs Jiri Grusa ist im Freitag im Alter von 72 Jahren gestorben. Das bestätigte das tschechische PEN-Zentrum in Prag der Nachrichtenagentur dpa. Der ehemalige Dissident und enge Vertraute von Ex-Präsident Vaclav Havel lebte zuletzt in der Nähe von Bonn.
Er habe aus Deutschland die Information erhalten, dass Grusa dort während einer Herz-Operation gestorben sei, sagte der Präsident des tschechischen PEN-Clubs, Jiri Dedecek, der dpa per Telefon. „Er war ein Mann voller Noblesse und löste Probleme stets unauffällig und ohne Skandale“, sagte Dedecek.
Botschafter in Deutschland
Sein Verhandlungsgeschick und sein unerschöpflicher Humor kamen Grusa als Präsident des internationalen Schriftstellerverbandes PEN von 2004 bis 2009, aber auch als Botschafter seines Heimatlandes Tschechien in Deutschland zugute. Er bereitete den Weg für das Nachbarschaftsabkommen von Jahr 1992, das neuen Elan in die bilateralen Beziehungen brachte.
„Jiri Grusa hat sich um die deutsch-tschechischen Beziehungen sehr verdient gemacht“, sagte Jiri Sitler vom Aussenministerium in Prag der dpa. Grusa sei Prags Botschafter mit der längsten Dienstzeit in Bonn und Berlin gewesen. Nach einem kurzen Zwischenspiel als Bildungsminister im Jahr 1998 vertrat Grusa sein Land anschliessend sechs Jahre lang in Österreich.
Mitunterzeichner der Charta 77
Bekannt wurde Grusa in den 1960er und 70er-Jahren mit erotischen Gedichtsammlungen wie „Anbetung der Janinka“. Er gehörte zu den Unterzeichnern der Charta 77, die mehr Bürgerrechte in der kommunistischen Tschechoslowakei forderte. Nach Erscheinen seines regimekritischen Romans „Fragebogen“ wurde Grusa 1978 zwei Monate inhaftiert.
Mit dem tschechischen Ex-Präsidenten Vaclav Havel entwickelte sich in dieser Zeit eine enge Freundschaft. „Was hatten wir in dieser unfreien Welt für Möglichkeiten?“, sagte Grusa im September in Prag der Deutschen Presse-Agentur.
Von den Kommunisten ausgebürgert
Während einer Auslandsreise in die USA wurde Grusa 1981 ausgebürgert und findet in der Bundesrepublik Deutschland eine neue Heimat. Zunächst habe er den Verlust der Muttersprache im täglichen Umfeld als eine „kleine Hinrichtung“ empfunden, erinnerte sich Grusa. „Nachdem ich das überlebt hatte, wurde Deutsch die Sprache meiner Freiheit“, sagte der Dichter.