An der Spitze der SP-Bundeshausfraktion steht neu Andy Tschümperlin. Der Schwyzer Nationalrat ist am Freitagnachmittag von seiner Fraktion überraschend und knapp zum Präsidenten gewählt worden.
Sowohl in der Fraktion als auch unter Beobachtern hatte die Zürcher Nationalrätin Jacqueline Fehr als Favoritin gegolten. In der Ausmarchung erhielt sie aber nur 25 Stimmen. 27 Fraktionsmitglieder sprachen sich für Tschümperlin aus, wie die derzeitige Fraktionschefin Ursula Wyss vor den Medien in Bern ausführte.
Die Berner Nationalrätin gibt nach fünfeinhalb Jahren das Fraktionspräsidium ab, weil sie in die Berner Stadtregierung wechseln will.
Überraschter Tschümperlin
Der 49-jährige Tschümperlin war bislang Vize-Präsident der SP-Fraktion. Er wird das neue Amt bereits nächste Woche antreten. Tschümperlin, der von Beruf Schulleiter ist und mit seiner Frau und vier Kindern in Rickenbach bei Schwyz lebt, gehört seit 2007 dem Nationalrat an. Er engagiert sich insbesondere in der Ausländerpolitik. Im Nationalrat ist er heute Mitglied der Staatspolitischen Kommission sowie der Geschäftsprüfungskommission.
Auch Tschümperlin selber zeigte sich über seine Wahl überrascht. Er habe sich nicht als Favoriten gesehen, sagte er. Weshalb die Fraktion ihn – den national weniger bekannten Nationalrat – und nicht die profiliertere Fehr gewählt habe, wisse er nicht genau.
Möglicherweise habe es aber mit seiner Art zu tun. Er nehme alle Leute ernst. „Wir sind eine Partei für alle – auch in der Fraktion“, sagte er und erklärte die Moderationstätigkeit als seine wohl wichtigste Aufgaben im neuen Amt.
„Alte Rechnungen“
Während zahlreiche Fraktionsmitglieder nicht über die Gründe für die überraschende Wahl Tschümperlins spekulieren wollten, bestätigten andere, dass möglicherweise statt einer „Aussenministerin“ ein „Innenminister“ gewählt worden sei, der sich um die Stimmung in der Fraktion sorge. Wieder andere sprachen davon, dass „alte Rechnungen“ beglichen worden seien.
Die Direktbetroffene wollte nicht ausschliessen, dass dies den Ausschlag gegeben hatte. In 20 Jahren Politik sei es normal, dass sie anderen auf die Füsse getreten sei, sagte sie sichtlich betroffen von der Wahlniederlage. Sie sei etwas konsterniert. Das Wahlresultat zeige aber, dass jedes Rennen offen sei.
Die Fraktion habe in diesem Fall offenbar den Moderator bevorzugt. Sie habe dagegen einen klaren Führungsanspruch und sei eine zielstrebige Person.
Von einem Rückzug aus der Politik will sie aber nichts wissen. Sie sei leidenschaftlich Politikerin und habe auch aus der Fraktion bereits viel Aufmunterung erfahren. Sie fühle sich getragen.