Die Splitterpartei «Unabhängige Griechen» wird Koalitionspartner von Syriza. Dabei passen die beiden Parteien für den europäischen Beobachter so gar nicht zusammen.
Die letzten Stimmen wurden noch ausgezählt, da traf sich der Wahlsieger Alexis Tsipras am Montagmorgen mit Panos Kammenos, dem Chef der Splitterpartei «Unabhängige Griechen» (AE). Die beiden Politiker beratschlagten nur kurz, dann stand die Koalition.
Der politische Schulterschluss des radikal-linken Bündnisses Syriza mit den Rechten mutet auf den ersten Blick merkwürdig an, macht aber aus Tsipras‘ Sicht durchaus Sinn. Nicht nur der Populismus ist ein gemeinsamer Nenner beider Parteien. Es gibt auch grosse politische Schnittmengen zwischen beiden Parteien, wie die Forderung nach einem massiven Schuldenschnitt, die Totalopposition gegen den Spar- und Reformkurs, eine tief sitzende Europa-Skepsis und nicht zuletzt die Fixierung auf das Feindbild Angela Merkel – Kammenos und Tsipras sehen in der deutschen Kanzlerin die treibende Kraft dessen, was viele Griechen als Spardiktat empfinden.
Kammenos will illegale Einwanderer massenhaft deportieren. Tsipras hat sich dagegen für eine Legalisierung von Migranten ausgesprochen.
Panos Kammenos gehörte früher der konservativen Nea Dimokratia (ND) an, sagte sich aber vor drei Jahren von ihr los und gründete die Unabhängigen Griechen – nicht zufällig in der Ortschaft Distomon, die 1944 durch ein Massaker der Waffen-SS verwüstet wurde. Kammenos appelliert an anti-deutsche Ressentiments, sie gehören gewissermassen zur DNA seiner Partei.
In manchen Punkten gibt er sich weitaus radikaler als Tsipras. So will er den Schuldendienst einstellen. Der Syriza-Chef lehnt dagegen einseitige Schritte ab und setzt auf Verhandlungen mit den Gläubigern. Es gibt andere gravierende Differenzen zwischen beiden Parteien: Kammenos will illegale Einwanderer massenhaft deportieren. Tsipras hat sich dagegen für mehr Zuwanderung und eine Legalisierung von Migranten ausgesprochen.
Für Kopfschütteln sorgte Kammenos, als er kurz vor der Wahl forderte, man sollte die Opas und Omas am Wahltag einsperren, damit sie nicht die Nea Dimokratia wählen könnten. AE-Chef Kammenos gibt sich tief religiös, Tsipras hält dagegen grosse Distanz zur Kirche: Er lebt in einer kirchlich nicht anerkannten Lebenspartnerschaft und hat seine beiden Kinder nicht taufen lassen.
Wie das Bündnis der beiden ungleichen Partner Tsipras und Kammenos in der Praxis funktioniert, muss die Zukunft zeigen.