Die Türkei hat bei der NATO um die Entsendung von Luftabwehrraketen vom Typ Patriot gebeten. Dies teilte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Mittwoch in Brüssel mit. Damit steht ein Einsatz deutscher Bundeswehrsoldaten im türkischen Grenzgebiet zu Syrien bevor.
Die Abwehrraketen sollen stationiert werden, um einen Beschuss der Türkei mit Raketen aus Syrien zu verhindern. Rasmussen erklärte, das Bündnis werde jetzt „ohne Verzögerung entscheiden“.
„Es liegt jetzt bei den einzelnen NATO-Staaten, die über Patriots verfügen – Deutschland, die Niederlande und die USA -, zu entscheiden, ob sie diese für den Einsatz in der Türkei bereitstellen und für wie lange“, heisst es in der Erklärung Rasmussens vom Mittwoch.
Nicht für Flugverbotszone
„In ihrem Brief hat die türkische Regierung betont, dass die Stationierung rein defensiv ist und dass sie in keiner Weise eine Flugverbotszone oder irgendeine offensive Operation unterstützen soll“, erklärte Rasmussen.
In der kommenden Woche werde ein gemeinsames Team von türkischen und NATO-Experten mögliche Stationierungsorte prüfen. „Die Sicherheit des Bündnisses ist unteilbar. Die NATO ist entschlossen, allen Drohungen entgegenzutreten und die territoriale Unversehrtheit der Türkei zu verteidigen“, hiess es.
Berlin gibt grünes Licht
Der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte schon am Montag in Brüssel erklärt, die deutsche Regierung werde eine Anfrage „solidarisch prüfen“. Er halte Bündnissolidarität mit der Türkei für selbstverständlich.
Aussenminister Guido Westerwelle will dem Antrag der Türkei unter den „üblichen Vorbehalten“ zustimmen. Er habe den deutschen Botschafter entsprechend angewiesen, sagte Westerwelle am Mittwoch im Bundestag in Berlin.
Eine Entsendung von zwei Batterien der Patriot-Abwehrraketen würde bedeuten, dass mehr als 170 Soldaten in das Grenzgebiet verlegt werden. Nach Angaben De Maizières sollen die Patriot lediglich dem Schutz türkischen Gebietes dienen. An die Einrichtung einer Flugverbotszone über syrischem Gebiet sei nicht gedacht.
Abschuss auf 70 Kilometer Entfernung
Das Flugabwehr-System des US-Rüstungskonzerns Raytheon kann Flugzeuge und in seiner modernsten Variante auch ballistische Raketen und Marschflugkörper auf eine Entfernung von knapp 70 Kilometern abschiessen. Zur Abwehr von Granatbeschuss, der bisherigen Hauptbedrohung auf der türkischen Seite der syrischen Grenze, ist Patriot dagegen nicht geeignet.
Das Patriot-System sorgte im Irak-Krieg 1991 für Aufsehen, als die US-Armee damit irakische Scud-Raketen abfing. Deutschland verlieh seine aus den 1980er Jahren stammenden Patriot-Batterien damals zum gleichen Zweck auch an Israel. Die deutsche Luftwaffe besitzt 29 Staffeln, ihre Zahl soll im Zuge der Armee-Reform aber auf 14 abschmelzen.
Auf Lastwagen montiert
Das Raketensystem ist auf Lastwagen montiert und besteht aus einem Feuerleitstand, einem Radar zur Entdeckung und Verfolgung der Ziele, Abschussrampen sowie den Raketen. Patriot kann auf einmal 50 Ziele beobachten und fünf abschiessen.
Die NATO hatte 2003 schon einmal Patriot-Batterien in die Türkei verlegt, Auslöser waren steigende Spannungen an der Grenze wegen des Irak-Krieges