Die Türkei ist nach Ansicht ihres Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein Hort der Pressefreiheit. «Nirgendwo ist die Presse freier als in der Türkei», sagte Erdogan am Freitag in einer vom Fernsehen übertragenen Rede bei einer Konferenz in der Hauptstadt Ankara.
«Ich bin mir sehr sicher, wenn ich das sage», fuhr Erdogan fort. In der Türkei sei es den Medien sogar gestattet, «Beleidigungen, üble Nachrede, Diffamierungen, Rassismus und Volksverhetzung zu begehen, die nicht einmal in demokratischen Ländern toleriert werden». Er selbst habe diese Erfahrungen am eigenen Leibe gemacht.
Die Türkei hat in Sachen Pressefreiheit einen schlechten Ruf: Das in den USA ansässige internationale Commitee to Protect Journalists listete das Land in den Jahren 2012 und 2013 weltweit an erster Stelle bei Inhaftierungen von Journalisten und damit noch vor Ländern wie Iran und China. In diesem Jahr verbesserte sich das Land auf Rang zehn.
Internationale Kritik
Erst Mitte des Monats hatte Ankara mit der Festnahme zahlreicher türkischer Journalisten internationale Kritik auf sich gezogen. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini und der EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn bezeichneten die Festnahmen als «mit der Pressefreiheit unvereinbar».
Ministerpräsident Ahmet Davutoglu warf Brüssel daraufhin eine «Schmutzkampagne» vor. Erdogan bezeichnete die Festnahmen damals als legal, sie stünden in Verbindung mit einer «Verschwörung» zum Sturz der Regierung.
Razzia gegen Gülen-Anhänger
Die türkische Polizei war vor einer Woche mit einer Razzia gegen mutmassliche Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen in den Medien vorgegangen. 30 Menschen wurden festgenommen, die meisten von ihnen inzwischen aber wieder freigelassen.
Am Freitag wurde auch gegen Gülen selbst Haftbefehl erlassen. Der seit dem Jahr 1999 im US-Exil lebende 73-Jährige wird von Erdogan beschuldigt, einen «Parallelstaat» in der Türkei aufgebaut zu haben, um die Regierung zu stürzen.
Die Razzien erfolgten ein Jahr nach der Aufnahme von Ermittlungen zu einem Korruptionsskandal im Umfeld Erdogans, der damals noch Ministerpräsident war. Erdogan wirft seinem früheren Verbündeten Gülen vor, die Ermittlungen in Gang gesetzt zu haben.
Tausende Polizisten und Staatsanwälte wurden seitdem versetzt oder entlassen. Die eingeleiteten Korruptionsverfahren gegen Erdogan-Getreue wurden inzwischen allesamt eingestellt.